Zu Besuch bei: May Nam in Neukölln | Interview

May Nam Berlin

Auf, drauf, abgefahren, fern, langsam, weich. Vielleicht langweilig, vielleicht nicht.

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Fotos und Text: Corinna Sauer

Zugegebenermaßen wussten die Kanz.lerin und ich im ersten Moment beide nicht so richtig, was wir mit May Nams Musik anfangen sollten. Das ist ja erst mal gar nichts Schlechtes und bedeutet vielleicht einfach, dass die eigenen Hörgewohnheiten auf die Probe gestellt werden. Die eigenwilligen  elektronischen Sounds wurden in den Videos, die wir uns ansahen, noch untermalt von knallig bunten, schnell aufeinander folgenenden Bildern, die unsere Synapsen irgendwie zusätzlich verwirrten.

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Alessandro aka Alex aka May Nam hatte uns zuvor eine Mail geschrieben, die ebenfalls irgendwie knallig bunt, dafür weniger eigenwillig und vielmehr sehr sympathisch daherkam und wir beschlossen, ihn und seine Musik besser kennenzulernen. Wir waren einfach neugierig.

Und so begab es sich, dass wir an einem schönen sonnigen Nachmittag an Alex‘ Tür klingelten und er uns in seiner Neuköllner WG willkommen hieß. Bei leckerem Käsekuchen erzählten wir uns dann dies und das, sprachen über Musik, über die Stadt, über die Liebe und das Leben und die Kanz.lerin und ich freuten uns über diese besondere Begegnung, mit einem netten Menschen und eigenwilligen Musiker.

 

May Nam aka Alex Berlin
May Nam aka Alex

 

Das Interview, das wir mit May Nam im Vorfeld via Mail geführt haben, könnt Ihr hier lesen:

Stell Dich doch einmal kurz vor – wer bist Du und woher kommst du?
Ich bin in Norditalien geboren und aufgewachsen, gerade unter den Alpen. Tropfen meines Blutes gehören aber auch zu Sizilien. Ich bin ein großer Mann, der viel isst und labert. Vor sechs Jahren fing ich an, das alles in Deutschland zu machen. Ich habe damit noch nicht aufgehört.

Das ist Kunst, baby!
Das ist Kunst, baby!

Seit wann gibt es Dein Projekt und wie ist es entstanden?
Vor zwei Jahren hab ich Tracks erst so richtig aufgenommen und bei Youtube reingestellt. Vorher machte ich Mucke eher spontan und nur ab und zu. Ich war zu sehr drin im Studium und Special People und anderen Trips. Mucke bedeutete damals grundsätzlich Gitarre spielen und andere Mucke hören. Eines Tages fühlte ich, dass ich etwas rauszuschreien hatte. Es hatte mit relativ tiefem Schmerz und deswegen auch mit Liebe zu tun, nehme ich an.

Was bedeutet Berlin und im Speziellen das Umfeld in Neukölln für Dich und Deine Musik?
Neukölln ist die Ecke, in der ich wohne und wo meine Augen und Ohren arbeiten. Die fantastischen Leute, die hierher von everywhere herkommen…Jeder macht auch immer was. Es geht um Toleranz hier, finde ich. Bei Musik dreht es sich noch dazu um Anziehung – Sounds, Stimmen, Geschichte, Lärm, Stille. For moods. Es ist auch ein fernes Dorf für meine jugendhafte Impulsivität. Man bleibt locker versteckt da drin. So ist Neukölln ein Unterschlupf. Sei was du bist, niemand würde die Männer in den weißen Kitteln anrufen. Und wenn sie kommen, um dich wegzubringen, kannst du ins Tempelhofer Feld verschwinden. Da werden die dich niemals finden, würde die alte Eule sagen.

Du tagst Deine Musik selbst mit der Bezeichnung Dream-Psych-Poptronic. Wie würdest Du Deinen Sound sonst noch beschreiben?
Auf, drauf, abgefahren, fern, langsam, weich. Vielleicht langweilig, vielleicht nicht.

Mit wem wirst Du gerne verglichen und kannst Du diesen Vergleichen zustimmen?

Boards of Canada, Panda Bear, Battles, Fever Ray. Ich nehme alles an. Wenn jemand schreiben würde, dass ich wie Metallica oder Prince klinge oder meine Musik eine abstruse Umsetzung meines willfährigen Verstandes sei, akzeptiere ich das total locker.

 

Randnotizen
Randnotizen

 

Am 16. Juni diesen Jahres (2015) kam Deine neue LP „Anacol Jut“ raus. Was macht dieses Album besonders? Gibt es einen roten Faden, der sich hindurch zieht?
Das Album zeichnet sich durch die stetige Unterbrechung aus, finde ich. Seine Grammatik ist ebensowenig linear, wie die Emotionen, die mich antreiben, wenn ich mit den Sounds herumspiele. Musik ist ein Ort, an dem ich Sachen verstecken kann, so wie etwa Gefühle –
Konnotationen des Seins – und bewegt sich ebenso wie diese in geschlungenen, nie geraden und oft unvorhersehbaren Bahnen. Daher kommt auch der Name Anacol Jut: Alles ist ein großes Anakoluth, ein riesiges Chaos. Aber ein gutes Chaos. Wie auch immer du das Wort „gut“ auslegen willst. So lang´ etwas Gutes dabei raus kommt. Und was ist gut? Zum beispiel Emotionen. In musikalischen Begriffen könnte es bedeuten: verschiedene Rhythmen, viele Klangfarben, mehrere Harmonien. Es ist ein wildes Tohuwabohu verschiedenster Instrumente.

Was sind Deine nächsten Pläne? Wird es weitere Veröffentlichungen und/oder Konzerte geben?
Überleben. Lachen. Und nächsten Winter ein neues Album abfeuern. Und an meinem Label (Moojica Tapes) weiterarbeiten, das ich mit ein Paar Freunden manage.

Wo siehst Du Dich musikalisch in fünf Jahren?
Im Jobcenter.

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May Nam aka Alex aka Alessandro
May Nam aka Alex aka Alessandro

 

Alex ist ständig auf der Suche nach Gelegenheiten, live aufzutreten. Wenn Ihr ihm weiterhelfen könnt, freut er sich über Vorschläge und Buchungen.

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Diskographie
Singles
Leppeln (Natural Born Chillers, 2013)
Bear Vetch (Natural Born Chillers, 2013)
Men Jeg (Natural Born Chillers, 2013)
Blurry Toke (Natural Born Chillers, 2013)

EP
Albatrost (Natural Born Chillers, 2014)

LP
Anacol Jut (Moojica Tapes, 2015)

Corinna

Ich schreibe nicht gerne über mich, viel lieber berichte ich über andere und insbesondere über Bands, zu denen mich "die Kanzlerin" schickt. In der Fotografie zu Hause, bin ich als Blog-Knipse jedoch hauptsächlich dafür zuständig, meine Eindrücke von Konzerten mit Euch in Form von Bildern zu teilen. Ansonsten erlebe ich gerne Dinge, Menschen, Musik, Orte (jeden Tag auf's Neue und immer wieder gerne Berlin) und was noch so alles erlebbar ist.

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