BOY live in der Elbphilharmonie Hamburg – Pop trifft auf Klassik

BOY live in Hamburg Elbphilharmonie

Konzert am 14. November 2017 in der Elbphilharmonie Hamburg
Text: Jenny Gottstein | Fotos: N-JOY/Benjamin Hüllenkremer

Wie passt das zusammen – BOY, die zwei Mädels aus Hamburg und der Schweiz, die uns mit dem wundervollen Pop ihrer letzten beiden Alben verzaubert haben, und die nun einjährige Elbphilharmonie, das sündhaft teure Konzerthaus, das von manch Kritiker_innen als Prestigeobjekt betitelt wird? Seit kurzem geht die „Elphi“ dem jüngeren Publikum entgegen, beispielsweise beim Reeperbahnfestival, als sie ihre Tore öffnete und Konzerte unter anderem von Dillon zeigte, gestern ist Rita Ora im Rahmen eines Benefizkonzertes dort aufgetreten. Außerdem hat sie mit N-JOY, dem Jugendsender des NDR, einen starken Partner gefunden, um junge Besucher_innen die Scheu vor der Philharmonie an der Elbe zu nehmen.

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Format NDR Late Night

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„Die Idee der Late Nights war, zwei Kulturgruppen zusammenbringen: die klassischen Konzertgänger und die, die vielleicht nicht so wahnsinnig viel Kontakt zu so einem Konzerthaus haben. So entstand das Format NDR Late Night.“, sagt Frank Probst, Marketingleiter von N-JOY. Mit ihm und Moderator Philipp von Kageneck habe ich mich vor dem Konzert unterhalten.

Die junge Hörerschaft scheint dies gut anzunehmen, erklärt er weiter: „Bisher haben wir bereits vier Late Night Konzerte veranstaltet und ein Special im Rahmen eines Islandfestivals. Wir haben extrem viel positives Feedback bekommen.“ Und auch die Künstler_innen sind begeistert vom Konzept: „Das Feedback ist hervorragend. Sie waren alle schwer beeindruckt, haben aber auch großen Respekt vor dem Saal, weil der musikalisch – grundsätzlich für verstärkte Musik – sehr herausfordernd ist. Hinzu kommt, dass es ein 360-Grad-Saal ist und Popkonzerte normalerweise eher frontal ausgerichtet sind. Die Künstler vergessen manchmal, dass hinter ihnen auch noch Besucher sitzen.“, erzählt Frank weiter.

Bei einer Late Night wird in der Regel in den ersten 60 Minuten ein klassisches Konzert aufgeführt, gefolgt von einem Popkonzert. N-JOY nutzt die Zugkraft der Elphi auch, um Newcomer_innen zu unterstützen und haben bereits Konzerte mit Tonbandgerät und JP Cooper veranstaltet, weitere sind schon in Planung. Das Ganze wird von N-JOY Moderator_innen wie z.B. Philipp von Kageneck begleitet, der das Mittagsprogramm moderiert. Auch für ihn ist das immer wieder aufregend: „Es ist eigentlich jedes Mal irre. Der Raum an sich ist ein Erlebnis, das liegt allein schon daran, dass die Leute 360 Grad um dich herumsitzen. Egal, wo man hinschaut, überall sind Menschen und es ist eigentlich immer voll. Es ist auch deshalb so spannend und aufregend, weil ich das Publikum nicht recht einschätzen kann. Wenn wir ein N-JOY Konzert veranstalten, dann habe ich ein relativ homogenes Publikum. In der Elbphilharmonie ist das gar nicht so, da ist alles dabei: von 18 bis 88.“ Aufregung ist später bei ihm jedoch nicht anzumerken, er hält sich kurz, er weiß ja auch, dass alle auf die Band warten.

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Mit viel Charme und liebevoller Hingabe

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BOY live in Hamburg Elbphilharmonie

Unter höflichem Applaus kommen BOY dann auf die Bühne. Gleich zu Anfang geben beide zu, dass die Kulisse, die sie nun betrachten, doch Furcht einflößend wirkt, sie es aber nicht so schlimm finden wie gedacht. Von Nervosität jedoch war nichts zu merken. Mit viel Charme und liebevoller Hingabe grooven sie sich ein und auch das Publikum legt langsam die anfängliche Scheu ab. Mit einer wundervollen Besetzung geben sie ihre größten Hits und Lieblingssongs zum Besten. Mit dabei ist das Kaiser Quartett, das die Band auch schon im letzten Jahr bei ihrem Konzert in der St. Michaelis Kirche begleitet haben. Bestehend aus zwei Violinen, einer Viola und einem Cello, haben sie das Duo vor allem durch ihre Interpretation des Songs „New York“ beeindruckt, was sie letztendlich dazu bewegte, das Quartett zu ihren Liveauftritten einzuladen. Während Valeska hauptsächlich sang, packte Sonja neben ihrer Gitarre ebenfalls ein Cello aus und so bekam der poppige Sound der Lieder einen wundervollen Anstrich diverser Musikrichtungen durch das Konzert hindurch.

Nach einer Stunde zeichnet sich das Ende ab, noch einmal wird laut mitgesungen, die Musiker_innen verlassen die Bühne. Mit viel Applaus und Standing Ovations holen die Zuschauer_innen sich BOY nochmal zurück. Als Zugabe gibt es ein Cover von den Black Keys auf eine eigensinnige, aber wunderschöne Art.

Die Zugabe reicht den Anwesenden aber nicht und unter der Bedingung, dass alle mitsingen müssen, kommt die Band ein letztes Mal auf die Bühne. Sie spielen noch ihren Hit „Skin“ und obwohl anfangs zaghaft, steigen doch fast alle Besucher_innen am Ende mit ein und unterstützen so tatkräftig wie möglich. Es gibt nochmal Standing Ovations und glückliche Gesichter verlassen den großen Saal.

Auf dem Weg nach draußen durch das edle Foyer sieht man, dass die Hoffnungen der Veranstalter_innen aufgehen: zwischen 20 und 70 Jahren, Jogginghose und Abendkleid, findet sich das Publikum auf der einmalig geschwungenen Rolltreppe wieder – zwei verschiedene Kreise treffen aufeinander und das klappt ganz wunderbar.

Jenny

Aufgewachsen in einer zugegebenermaßen recht unmusikalischen Familie fing ich früh mit dem Schlagzeug spielen an, das ich aber aus Platz- und Lärmgründen während meines Philosophiestudiums aufgeben musste. Seither beschäftige ich mich einfach passiv mit der Musik und versuche erst gar nicht mehr meinen Geschmack einzugrenzen, denn je mehr desto besser. Immer. Überall. Ich höre u.a. Musik von Beatsteaks, Chance Waters, Moop Mama, Ratatat, Dendemann, Miike Snow, Hein Cooper, Tüsn, LOT.

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