Der „Father of Ethio-Jazz“ Mulatu Astatke live in Berlin | Review

Mulatu Astatke live in Berlin 2019 MUSIKMUSSMIT

Text: Annabelle Dürr | Beitragsbild: MUSIKMUSSMIT
Konzert am 01.04.2019 im Astra Kulturhaus Berlin

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Mulatu and me

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Als ich Mulatu Astatke entdeckte, war er 70 und ich 27. Ich war in meiner Küche und er im Radio, Deutschlandfunk Kultur, was sonst. Mit halbem Ohr hörte ich was von „Legende des Ethio-Jazz“ und dann einen Song mit dem Titel „Yèkèrmo Sèw“. Bei Jazz bin ich wählerisch, aber dieses Stück beeindruckte mich so sehr, dass ich mir den Namen des Musikers merkte und beim Streaming-Dienst meines Vertrauens das Best-Of-Album herunterlud. Zwei Jahre später fand ich mich auf einer Gästeliste für sein Berliner Konzert wieder – im Namen von MUSIKMUSSMIT. „Die hätten dann übrigens hinterher gern einen Bericht.“ Alles klar, kein Problem…

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Ein besonderes Ereignis im Konzert-Kalender

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Wer vorgestern Abend nicht im Astra war, hat was verpasst! Mulatu Astatke gastierte mal wieder in Berlin und bespielte nach ausverkauften Konzerten im Berghain und im Gretchen in den vergangenen Jahren jetzt das eine Nummer größere „Kulturhaus“ auf dem RAW Gelände in Friedrichshain (präsentiert vom Gretchen).

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Der „Father of Ethio-Jazz“ macht inzwischen mit 73 Jahren auch altersmäßig diesem Titel alle Ehre. Mit der entsprechenden Gelassenheit führt er das Publikum durch einen Abend voller schöner Momente und Spielfreude. Dieser Mann muss niemandem mehr was beweisen. Mit den handverlesenen Musikern, die er um sich schart, präsentiert er souverän seine berühmtesten Stücke in genüsslich verlängerten Arrangements, bei denen in guter Jazz-Tradition jeder zu seinem Solo kommt: Cello, Kontrabass, Percussion, Schlagzeug, Trompete, Saxophon/Querflöte, Keyboard – jeder der Künstler beweist in den Improvisationen, dass er seinen Platz in der „Step Ahead Band“ verdient hat.

Step Ahead Band Mulatu Astatke Foto Alexis Maryon
Step Ahead Band | Foto: Alexis Maryon

Astatke selbst wechselt zwischen Vibraphon und Trommeln. Obwohl fraglos Mittelpunkt der Bühne, lässt er Raum für seine Band-Mitglieder. Vom bereits erwähnten „Yèkèrmo Sèw“ – einem Stück entwickelt aus einem traditionellen Werk äthiopischer Musik aus dem sechsten Jahrhundert – bis zu „Mulatu“ -„a piece I wrote for myself“ (Astatke) – folgt die Zuhörerin dem alten Mann durch ein bewegtes Leben im Zeichen der interkulturellen Musik.

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Äthiopien – USA – Äthiopien: Ethio-Jazz around the world

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1943 wird Astatke in Jimma im Westen Äthiopiens geboren. Zum Studium geht er zunächst nach England, dann in die USA und erhält in den 60er Jahren als erster afrikanischer Student ein Diplom des renommierten „Berklee College Boston“. Während seiner Zeit als Musikstudent taucht er in die amerikanische Jazz-Szene ein, sammelt erste Erfahrungen in Jazz-Combos und begegnet Duke Ellington persönlich und vor allem musikalisch. Mit diesen reichen Eindrücken im Gepäck kehrt er in sein Heimatland zurück und entwickelt den Ethio-Jazz: einen Musikstil aus Jazz- und Funk-Elementen, gemischt mit der hundertjährigen Tradition äthiopischer Musik. Über Radio, Fernsehen und seine eigene Musikschule „African Jazz Village“ verbreitet Astatke in den kommenden Jahrzehnten den Ethio-Jazz in Äthiopien und ab der Jahrtausendwende international.

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Seit den 70er Jahren um keinen Tag gealtert

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Für alle Freund_innen des klug komponierten Jazz‘ mit unaufgeregt kosmopolitischem Background muss diese Musik mit! Und für alle, die das Konzert verpasst haben, gibt es Hoffnung aus dem Mund des Meisters: „See you next time!“

Gastbeitrag

Ich bin viele. Ich habe Spaß am Schreiben und Teilen, darum lest hier auch etwas von mir.

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