Konzert am 05. Juni 2017 in der Kantine am Berghain in Berlin | Support: Pomrad
Text und Fotos: Inken Petersen
Da steht er dort auf der kleinen Bühne des Berghains, zappelt und zeigt uns Moves zu R’n’B-lastigen Beats, als hätte es für ihn nie etwas anderes gegeben. Ernsthaft, Jinte Bernardt Deprez wirkt an diesem Abend nicht wie einer der beiden Co-Frontsänger der belgischen Indierock-Band (einer meiner liebsten Lieblingsbands) Balthazar. Vielmehr zeigt er uns eine Seite, die bisher nur ganz vage zu erahnen war und welche ich im Vorhinein versuchte zu beschreiben.
***
Fragen über Fragen
***
Ich fragte mich, ob denn viele Leute, insbesondere Balthazar-Anhänger_innen, das Soloprojekt J. Bernardt unter die Lupe nehmen würden. In der Facebook-Veranstaltung sah die Resonanz eher mau aus. Auch ich begab mich mit einem kleinen Funken Skepsis in die Kantine am Berghain, vor allem, da die aktuellste Single-Auskopplung „The Question“ in mir wieder mal einige Fragen aufwarf. Dennoch wollte ich nicht zu voreingenommen sein und freute mich auf den Abend. Insbesondere, da J. Bernardt sein Album „Running Days“ vorstellen würde, welches einen Tag später erscheinen sollte.
***
Allerhand Überraschungen
***
Zur Vorband schaffte ich es leider nicht, jedoch bekam ich noch einen guten Platz in der ersten Reihe, um dem Geschehen auch meine volle Aufmerksamkeit schenken zu können.
Jinte stand schon ganz hibbelig im Durchgang und lunzte in den Konzertraum. Endlich konnte er auf die Bühne springen – und ich meine hier wirklich springen – und legte voller Elan los. Nach den ersten 2-3 Liedern hatte sich die erste Reihe klar und deutlich als Mädels-Fan-Reihe entpuppt, in der die eine mehr, die andere weniger abging, aber auf jeden Fall ein paar schmachtende Blicke für J. Bernardt übrig hatten. Der Herr Bernardt ist aber auch ein wirklich schöner Mann… Nun gut, nebenbei kann er auch die Stimmung und die Luft eines Raumes zum Kochen bringen.
Als ich mich umdrehte, staunte ich nicht schlecht, als ich sah, wie voll es doch geworden war und wie gut die Menge abging. Er schaffte es mit Bravour, sowohl die neuen als auch die bereits bekannten Songs rüber zu bringen und soundtechnisch gab es ebenso nichts zu meckern. Ein Highlight wäre es gewesen, anstelle eines Bläser-Tones vom Keyboard zu spielen, welcher beispielsweise „The Other Man“, „Runnig Days“ oder „Motel“ untermalt, echte Bläser im Gepäck zu haben. Aber man kann ja nicht alles haben.
Neben diesen eben erwähnten Songs vervollständigten die bereits veröffentlichten Single-Auskopplungen wie beispielsweise „Calm Down“ oder „Wicked Streets“ und alle weiteren Tracks des Albums, bis auf „High Low (interlude)“ die Setlist des Abends. Das vertraute „Ääj“ ging ihm des Öfteren über die Lippen und weckte in mir ein heimeliges (Balthazar-)Gefühl. Zwischendurch wurden die 2 Bandkollegen vorgestellt, welche zufälligerweise zur Vorband „Pomrad“ gehörten. Das zweite Lied namens „Lapse Of Reason“, welches es jedoch nicht auf das Album schaffte, es meiner Meinung nach aber sehr verdient hätte, war etwas gitarrenlastiger als der Rest und somit recht erfrischend, da sich die anderen Songs ja doch eher aus elektronischeren Synthie-Sounds, Hip-Hop, R’n’B und R’n’B zusammensetzen. Wunderbar wird diese Metamorphose Bernardts von Musikblog und Musikexpress beschrieben. Als Zugabe ertönte schließlich „My Own Game“.
***
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
***
Hüftschwung kann er!
***
Wirklich oft musste ich in mich hineinschmunzeln, da ich seine Sprünge und leichten Verrenkungen nicht gewohnt war. Fünf Balthazar-Konzerte hatten diese Seite höchstens ansatzweise gezeigt. Fast wirkte es, als sei er in der Rolle des J. Bernardt nicht komplett ausgelastet, als würden ihm die paar Akkorde, die er oft aber nur kurz einspielte/aufnahm und dann während des restlichen Tracks abspielte, nicht reichen. Dann sprang er quer über die Bühne, schlug auf das Schlagzeug (geplant oder nicht?) oder ging eben einmal quer durch das Publikum, um auf dem Bartresen zu landen und dort kurz zu tanzen. In Sachen Hüftschwung macht ihm keiner so schnell etwas vor!
Man könnte es natürlich auch komplett in die andere Richtung deuten: er ging/geht in der Rolle des J. Berndardt wunderbar auf und konnte/kann sich mal so richtig ausleben, ohne das Ganze mit seinen Bandkollegen absprechen zu müssen. Ich weiß es nicht. Die Liebe zum Detail war und ist, sowohl live als auch auf Platte, definitiv zu spüren. Auch wenn diese Richtung, welche Jinte hier einschlägt, absolut nicht nach Balthazar klingt, finde ich doch immer mehr Gefallen am Album „Running Days“ und freue mich wirklich für ihn und sein Solo-Projekt. Die Bühne verwandelt sich unter den Füßen Bernardts zu einem Spielplatz, doch sein Spiel ist ernst zu nehmen.
Aufgepasst! Am 9. Oktober 2017 schaut J. Bernardt auf ein weiteres Konzert im Privatclub vorbei, wenig später, am 31. Oktober 2017, besucht uns Balthazar-Kollege Maarten Devoldere, ebenfalls mit seinem Solo-Projekt – „Warhaus“, im Quasimodo. (Meinetwegen könnt ihr auch einfach zusammen erscheinen und Eure anderen drei Balthazar-Kolleg_innen mitnehmen.)
J. Bernardt Konzerte Deutschland
7.10.17 Halle 02, Heidelberg
8.10.17 ARTHEATER, Köln
9.10.17 Privatclub, Berlin