Mir machen live immer die Lieder Spaß, bei denen es freie Teile gibt, die nicht abgemacht sind, wo man irgendwie Quatsch machen kann. [Francesco]
Interview und Konzert am 15. Februar im Astra Kulturhaus Berlin
Text, Interview und Fotos: Nele Hinner
Man nehme zwei grandiose deutschsprachige Künstler, steckt diese zusammen und schwupp, viel mehr braucht es nicht, um Die Höchste Eisenbahn zum Laufen zu bringen! Na gut, Max Schröder und Felix Weigt dürfen natürlich auch nicht fehlen. Mit ihren Platten „Schau in den Lauf Hase“ (2013) und „Wer bringt mich jetzt zu den Anderen“ (2016) haben Francesco Wilking und Moritz Krämer zwei zeitlose Klassiker geschaffen, die nur so vor Wortgewandtheit, Liebelei und Weltschmerz trotzen! Die Jungs sind momentan auf Tour und ich hab’ sie vor ihrem Auftritt am 15. Februar 2017 im Astra abgefangen, um dort ein wenig mit ihnen zu plauschen und von ihrem Konzert zu berichten. Erfahrt im Folgenden mehr über schwimmende Schweinchen, Quietscheesel und Fußballspieler!
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Francesco und Moritz im Interview
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Die Höchste Eisenbahn sollte ursprünglich ein kleines, feines Bandprojekt von Euch beiden werden – wie seid ihr denn dazu gekommen, gemeinsam Musik zu machen?
Francesco: Wir haben uns kennengelernt, weil Moritz seine Soloplatte bei uns im Studio aufgenommen hatte und dann hatte Mario die Idee, der Booker von Moritz, der jetzt auch unser Höchste Eisenbahn – Booker ist, dass wir mal zusammen ein Konzert spielen könnten. Wir konnten uns ganz gut leiden, also haben wir das dann gemacht. Ich weiß nicht, ob wir davor schon was zusammen geschrieben haben…?
Moritz: Bei dem ersten Konzert? Nee, da haben wir nur von Deiner und von meiner Soloplatte Lieder gespielt.
Ihr habt euch praktisch gesucht und gefunden…
Francesco: Ja, das war lustig, weil das damals total chaotisch ablief, bei unserem ersten Konzert hatten wir alle möglichen Instrumente dabei, haben aber irgendwie gar nicht damit gespielt, hatte ich das Gefühl.
Moritz: Wir haben einfach ganz viel Geraffel mitgenommen, so ’nen Quietscheesel zum Beispiel, oder ein Klavier und mehrere Akustikgitarren. Wir haben dann einfach geguckt, was so zusammenpasst, das war nicht so super durchgeprobt.
Francesco: Und dann haben wir nach dem Konzert, was uns echt Spaß gemacht hat, gedacht, wir könnten ja doch irgendwie etwas zusammen machen und etwas schreiben und dann vielleicht mit Freunden spielen. Danach hatten wir ein Konzert mit Judith Holofernes, eins mit Gisbert zu Knyphausen und dann ging das halt so weiter.
Moritz: Wir hatten auch mal die Idee, als wir dann angefangen hatten, zusammen Lieder zu schreiben, dass wir eine Tour machen könnten und in jeder Stadt, in der wir spielen, kommt noch eine dritte Person dazu.
Francesco: Das war dann so’n bisschen schwierig, da wir überlegt hatten, dass es ganz schön anstrengend werden könnte, in jeder Stadt einen Künstler/eine Künstlerin zu finden.
Moritz: Wahrscheinlich war das auch nur eine Überlegung, die ca. 10 Minuten gedauert hat, irgendwann beim Mittagessen oder so, haha.
Hattet Ihr einen Leitgedanken, was Eure neuste Platte „Wer bringt mich jetzt zu den Anderen“ betrifft?
Francesco: Eigentlich nicht, nein. Wir wollten nur, dass es schneller geht, als bei der davor, haha. Aber es gibt keinen roten Faden, der eine Geschichte ergibt.
Wie kommt Ihr denn auf Eure Geschichten in den Songs, sind das alles so kleine Anekdoten, die Euch selbst widerfahren sind?
Francesco: Manchmal, ja. Die meisten Sachen nicht. Wir basteln unsere Inspiration manchmal so zusammen. Also wir hatten zum Beispiel bei der Platte ein paar Tage, an denen ich bei Moritz gewohnt habe, wir uns Filme angeguckt haben, zusammen geschrieben haben und dann haben wir irgendwie 10 Strophen gehabt und diese dann so zusammen gebaut.
Und dann war die Platte da!
Moritz: Man muss erwähnen, dass wir uns auch mal darüber unterhalten haben, dass bei Interviews mit Fußballspielern oft gesagt wird „wir müssen gierig bleiben“. Dann haben wir auch ewig über solche Sachen wie gierig, ob das positiv oder negativ ist, geredet. Dann fängt einer mit so einer kleinen Geschichte in einer Strophe an und irgendwann ist das dann halt eine Geschichte.
Francesco: Ja, Fußballinterviews können auch inspirierend sein, ich meine, das ist sehr interessant. Fußballer oder generell Leute, die interviewt werden, sprechen auch oft in der dritten Person von sich. Die brauchen einfach einen Abstand. Da kann man schon mal ein Lied draus machen, haha.
Habt ihr ein Lied, bei dem ihr persönlich sagt, ja das spielen wir am liebsten, das ist uns am besten gelungen?
Moritz: Ich hab gerade überlegt, ob es wirklich so variabel ist, dass ich jetzt einfach sagen könnte ja, mein Lieblingslied ist das und das und im letzten Interview habe ich noch gesagt, dass ich kein Lieblingslied hätte. Man könnte behaupten, auf der letzten Tour war’s immer – und dann suche ich mir eins aus, was mir Spaß gemacht hat. Mir macht zum Beispiel „Pullover“ immer Spaß, aber es gibt ganz viele, die einem manchmal Spaß machen.
Francesco: Mir machen live immer die Lieder Spaß, bei denen es freie Teile gibt, die nicht abgemacht sind, wo man irgendwie Quatsch machen kann.
Ist Euch auf der Bühne denn schon mal was total Peinliches passiert? Eine besonders tragische Story?
Francesco: Dauernd, die ganze Zeit. Wir hatten tatsächlich bei meinem allerersten Auftritt, also nicht mit der Höchsten Eisenbahn, sondern beim allerersten Mal, als ich auf der Bühne stand, eine halbe Stunde Stromausfall. Wir waren eh schon wahnsinnig aufgeregt und da haben wir jetzt auch nicht irgendwie total cool irgendwas draus gemacht, sondern einfach nur gewartet – das war voll peinlich, haha.
Welche drei Platten dürfen in keinem Plattenschrank fehlen?
Moritz: Ähm, die neue Platte von Ove…
(Sönke von Ove, der in diesem Moment neben uns stand, als wir drei gemütlich draußen standen, plauderten und eine Fluppe rauchten, ergriff die Flucht, ging zur Tür und meinte „ich bin schon weg“ – übrigens auch eine sehr schnuckelige Band, die ich nur empfehlen kann!)
Francesco: Ich würde sagen „Blonde on Blonde“ von Bob Dylan, hat auch so ein schönes Klappcover. Dann noch eine Platte, die auch noch dazu einen schönen Titel hat, von Courtney Barnett: „Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit“.
Moritz: Also auf jeden Fall finde ich „Light Upon the Lake“ von Whitney super, und dann noch „Vitalogy“ von Pearl Jam.
Francesco: „Black Star“ von der Gruppe Black Star! Das ist Rap, find’ ich gut.
Moritz: Und hier, Daniel Johnston mit „Hi, How Are You“.
Gibt es ein Lied, das Ihr gerne selbst geschrieben hättet?
Moritz: „Time after Time“ hätte ich gerne selbst geschrieben.
Francesco: „Smooth Operator“ von Sade. Das fängt an und man weiß irgendwie nicht, ob das eine Strophe am Anfang ist, dann geht es weiter und der Refrain ist einfach nur ein Wort, „Smooth Operator“, und irgendwie, sowas mag ich gerne. Ich mag aber auch Lieder, bei denen viel erzählt wird, zum Beispiel gibt es ein neues Lied auf der neuen Platte von Chance the Rapper, das heißt „Blessings“ und das ist wie so ein Gospellied. Da erzählt er halt, was er macht, also dass er nicht übt „I don´t warm up, i just perform“ und sowas eben.
Moritz: Da gibts doch auch ein Lied von Nils Frevert, oder? „Der Typ, der nie übt“…?
Habt ihr Euch persönliche Ziele gesetzt, die Ihr erreichen wollt?
Francesco: Ich würd’ gern auf die Bahamas, da gibt es so ne Insel, wo Schweine…
…wo man mit Schweinen schwimmen kann!
Francesco: Die kennst Du?! (…)
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Viel Liebe, Witz und Charme
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Mindestens genauso herzallerliebst wie das Interview war ihr Konzert. Ove aus Hamburg stimmten gemütlich den Abend ein, erzählten von sich, ihren Songs, ihrer Heimat im Norden, ja alles wirkte familiär und gemütlich, als würde man zuhause mit seinen Liebsten zusammensitzen. Schon das zweite Mal stehen Die Höchste Eisenbahn innerhalb weniger Monate auf der Bühne des Astras und verzaubern mit ihrer Wortgewandheit – ja, wer Moritz Krämer und Francesco Wilking kennt, dem ist klar, dass keine andere deutsche Band es so gut schafft, mit Worten zu jonglieren.
Spielend leicht kommt es einem vor, wenn die Jungs improvisierte Geschichten erzählen. Es klingt so wahr, wenn sie sagen, ihnen sei ein Alien begegnet, ein Alien, welches den Namen Francesco trägt. Mit viel Witz und Charme, Improvisationskunst und Songs, welche das Leben schreiben, unterhielten sie am Abend ihr Publikum. Da geht’s mal um verlorene Liebe, um die Suche nach dem Ich, alltägliche Probleme, Dinge, die einem über den Weg laufen – ein jeder wird sich mit der Eisenbahn identifizieren können, vor allem die hoffnungslosen Romantiker_innen: Bei ihrem Song „Isi“ holten sie sich den Berliner Kneipenchor zur Unterstützung auf die Bühne.
Ein paar zuckersüße Mädels mit wundervollen Stimmen unterstützen die ohnehin schon verträumte Rosa Wölkchen – Stimmung. Ein Abend voller Glücksmomente und Gefühl, Minuten, in denen ich aus dem Lachen nicht mehr herauskam, Sekunden, die einige Tränchen zählten. Deutsche Musik kann sich wieder sehen lassen! All diejenigen, die mal wieder etwas für’s Herz brauchen, sollten dringend vorbeischnuppern, Gelegenheiten, um die Jungs zu bestaunen, gibt’s dieses Jahr noch genug! Tickets bekommt Ihr ab ca. 24 Euro.
Konzerte Die Höchste Eisenbahn 2017
09.03.17 Innsbruck, Congress
10.03.17 St. Peter am Wimberg, Mezzanine Club
11.03.17 Graz, Helmut List Halle
12.03.17 Ingolstadt, Kap94
13.03.17 München, Zenith
27.05.17 Neustrelitz, Immergut Festival
22.07.17 Leipzig, Parkbühne GeyserHaus
23.07.17 Varel, Watt en Schlick Festival 2017
10.08.17 Haldern, Haltern Pop Festival 2017