Temporäre Locations, alte Fabrikgelände mit tausend LEDs an der Decke, verrauchte Bars, in denen die Tiefen der Plattenkisten erlaubt sind und ich meine liebsten B- Seiten spielen kann – genau da bin ich zu finden.
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Ich bin sehr erfreut darüber, Euch heute ganz besonderen Lesestoff verabreichen zu können. Dieses Mal im Interview: Robert Stolt aka Tagträumer², ein Vertreter der elektronischen Tanzmusik. Er verrät uns, welche Clubs in Deutschland einen Besuch wert sind, nennt uns seine Alltime-Lieblingselektroplatten und warum Vinyl toll ist. Außerdem ist er noch immer auf der Suche nach einer Sängerin. Natürlich verrät uns Tagträumer² noch viel mehr, aber das könnt Ihr hier ja selber lesen.
Vor kurzem ist die aktuelle und limitierte BlackFoxMusic Compilation erschienen und Ihr habt hier das wahnsinnige Glück, ein Exemplar zu gewinnen. U.a. darauf vertreten sind Künstler wie Lars Wickinger, Masterton, Robert Babicz und natürlich der Meister höchstpersönlich. Zusätzlich spendieren wir Euch noch einen Beutel, schließlich ist bald Weihnachten. Schreibt uns eine Mail mit dem Stichwort BlackFoxMusic. Einsendeschluss ist der 30. November 2014 // 18 Uhr. Es gelten unsere Gewinnspielbedingungen. Viel Glück!
Das Interview erfolgte per Mail.
Wer bist Du, aus welcher „Szene“ bist Du und wo bist Du momentan zu Hause?
Tagträumer², den Namen trage ich schon aus meiner Schulzeit vor mir her. Ständig ging mein Blick aus dem Fenster und schwebte dort zusammen mit meiner Kreativiät. Dann fielen die Bemerkungen meiner Lehrer – Tagträumer nannten Sie mich dann immer abschätzig. Doch kaum ein anderer Name sollte besser zu mir passen. Die „²“ musste, als es um meinen Künstlernamen ging, angefügt werden, weil ich nicht mit einer Boygroup in Konflikt geraten wollte, die so erfolgreich ein Schlageralbum produziert hatte, dass sie sich direkt im Anschluss trennen musste. Mit solchen Leuten sollte man generell keinen Ärger riskieren.
Ein passender Name war also gefunden – doch einem eindeutigen Stil jagte ich immer noch hinterher. Klar, ich komme ganz grob gesehen aus der Elektro-Szene, aber dort gibt es eine Unzahl Spielarten – Tendenz steigend. So ging die Reise von Techno, Latin, über Breakbeat bis hin zu UK House und druckvollen Tech-House Einlagen. Heute vermische ich in meinen Vinyl Sets als DJ alte Klassiker. Aber auch in meinen Eigenproduktionen hört man viele Elemente aus dem Jahrzehnt, welches mir die bebenden Pforten zur Welt der Musik öffnete – den 90’ern.
Bring doch ein bisschen Licht ins Dunkel: Du veröffentlichst unter dem Namen Tagträumer² – was genau ist BlackFoxMusic / Rauschzeit / Schallbox / Neopren und wie hängen die mit Dir zusammen?
In erster Linie sind es Plattenfirmen auf denen ich meine Songs released habe. Ich stehe ihnen aber auch beruflich mit Rat und Tat zur Seite. Ich unterstützte die Labels im Vertrieb und Promotion. Der Fokus liegt auf Vinyl und attraktiv designten Artworks für die Cover. Musikalisch sind wir von Synthie-Pop bis hin zu House grob gesehen elektronisch aufgestellt.
Du bist auch DJ – wo legst Du regelmäßig auf?
Ich bin keiner von diesen DJs der auf diese Frage mit einem angesagten Club in Berlin antwortet, den er drei Mal pro Monat bespielt. Temporäre Locations, alte Fabrikgelände mit tausend LEDs an der Decke, verrauchte Bars, in denen die Tiefen der Plattenkisten erlaubt sind und ich meine liebsten B- Seiten spielen kann – genau da bin ich zu finden.
Du reist viel, um unterschiedliche/Dir bisher unbekannte Sounds (und auch Menschen) zu entdecken – in welchen Ländern warst Du bisher und wo war es am beeindruckendsten, inspirierendsten, schönsten?
Am schönsten war es an Orten, an denen ich immer schon einmal auflegen wollte. Verrückte Ziele wie die Mongolei oder an der chinesischen Mauer waren solche Stationen. Aber auch in einem kleinen Club in Reykjavik oder vor einem Monat in Beirut. Ich bin am Glücklichsten, wenn solche extravaganten Ausflüge mit einem längeren Aufenthalt zusammenhängen. Dann ist es mehr als nur ein Job. Man realisiert auf welchem Flecken Erde man gerade seine Platten drehen darf.
Wo würdest Du gerne mal auflegen?
Südamerika ist immer noch ein weißer Fleck auf meiner Landkarte. Gerne würde ich in den legendären Clubs von Buenos Aires oder Sao Paulo spielen. Man hört immer wieder, dass die elektronische Musik auch in andere Länder wie Kenia vordringt, sich da auch neue Musikstile bilden und eine ganze Menge Studenten House-Events auf die Beine stellen. Also ab nach Nairobi – das wäre wieder so ein erfüllter Traum.
Bist Du Fan von Vinyl oder legst Du digital auf?
Bei mir zu Hause stapelt sich das Vinyl schon. Generell als Tipp: diese Regale von diesem schwedischen Hersteller sind weiß Gott nicht dafür gemacht. Ich liebe es nach Raritäten im Netz zu suchen, in den Plattenladen zu gehen, um voller Vorfreude die Nadel meines heimischen Plattenspielers in Kontakt mit dem schwarzen Gold zu bringen. Das wird mir ein Download und ein Mediaplayer nie ersetzen können.
Was hältst Du vom digitalen Auflegen und hat sich dadurch die DJ-Szene verändert?
Ich bin kein „Vinyl-Sturkopf“. Es gibt heutzutage digitale Spielformen, welche die Grenzen zwischen DJ und Live-Act verschwimmen lassen. Bei Chris Liebing ist man fasziniert von neuen Spielarten. Es ist fabelhaft zu sehen, wie er immer wieder neue Techniken in sein Auflegen zwischen Mixer, Laptop und Hardware einfließen lässt.
Ich hingegen liebe das Haptische. Eine Platte gibt mir das Gefühl Musik anzufassen. Nur mit dem Gehör gleiche ich die Platten auf Geschwindigkeiten an. Dieses Oldschool-Mixing setzt natürlich voraus, dass man seinen 25 Kilogramm-Koffer quer durchs Gelände schleppt und mit 80 Songs bei einem Auftritt limitierter als digitale Vertreter der Zunft ist. Das spannende ist, aus diesen Lieblingsplatten die Leute zum Tanzen und Staunen zu bringen – und das alles ganz ohne Musikwünsche.
Du warst vor kurzem in Beirut, um einen Workshop zum Thema Vinyl Culture zu leiten und zu gestalten – wie kam es dazu? Was steckt dahinter?
Einige Künstler, die in Beirut halt machen, um auf Events zu spielen, geben Musikworkshops, welche oft auch vom Goethe Institut gefördert werden. In China hatte ich über Vinyl Culture schon bereits einen solchen Kurs geben dürfen. Dabei stand ein kurzer Einstieg ins Vinylmixing, eine kleine Geschichtsstunde, aber auch das Promoten als DJ auf dem Programm. Das lief ganz ordentlich. Und so waren die 20 wissbegierigen Teilnehmer im Libanon dementsprechend schnell gefunden. Wir mixten, diskutierten und lachten über vier Stunden und ich erfuhr wie schwierig, ja fast unmöglich es für DJs aus dem Libanon ist, an Platten ranzukommen. Zahlreiche Vinylpresswerke wurden im Bürgerkrieg 1975 zerstört. Das treibt so eine libanesische Pressung eines berühmter Künstler ganz schön in die Höhe. Solche Erfahrungsschätze sind es, die ich liebe.
Bietest Du auch hier Workshops an?
Jetzt muss ich dir wohl einiges an Prozenten dafür abdrücken. Nein im Ernst, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Das wäre eine gute Idee!
Welche Clubs vermisst Du hier in Berlin, seitdem sie schließen mussten?
Ganz klar der „Icon Club“ in Prenzlauer Berg. In diesem Kiez ist seitdem leider nichts mehr geblieben, da sich immer neue Nachbarn in immer hübscheren Eigentumswohnungen selbst von den letzten Überresten des Nachtlebens belästigt fühlen. Ich erinnere mich noch gut an Nächte, wo sämtliche Lüftungssysteme versagten und der Schweiß der Leute wohl nur noch dank des Zigarettenqualms nicht ungefiltert riechbar war. Die Anlage war etwas zu überdimensioniert, doch das alte Deckengewölbe sorgte für einen unsagbar warmen Klang. Am liebsten war mir das Publikum. Das setzte sich aus alten Clubgängern, neuen Wilden und Touristen zusammen.
Mit welchen Künstler_innen hast Du bereits zusammengearbeitet? Kennst Du eigentlich Trentemöller, die Jungs von Moderat etc. persönlich?
Da nennst du gleich zwei meiner Helden! Leider habe ich sie noch nicht kennenlernen dürfen. In der Vergangenheit hatte ich mit L Kubic, Ronald Christoph und Lars Wickinger zusammengearbeitet. Alles sehr gute Produzenten mit denen ich heute gut befreundet bin.
Mit Elbee Bad – einem der Dienstältesten New Yorker DJs – entstand ein sehr cooler Hip-House Track, für den er die Vocals beisteuerte. Diese Vocalsache ist so ein verflixtes Thema. Ich suche immer noch nach einer Sängerin mit der passenden Stimme – bis jetzt, Fehlanzeige.
Welche Musik hörst Du neben elektronischer Musik?
Ich mag alten Hip Hop mit rotzigen Beats wie Grandmaster Flash aber auch Bands wie Little Dragon, Massive Attack und FKA Twigs.
Deine 5 Alltime-Lieblingselektro-Platten:
01. Underworld – Dark & Long
02. Laurent Garnier – Crispy Bacon
03. Röyksopp – Eple
04. Nalin & Kane – Beachball
05. Tagträumer² – Journey To Jimi
Deine aktuellen Lieblings-Tracks:
01. Hotel Lauer – Brudis EP
02. Midland – Before We Leave
03. Gerome Sporteli – Acid Trax Vol. 3
04. Moderat – Bad Kingdom – Dj Koze Remix
05. Tagträumer² – Surface Of Neptune
Deine Top 5 Clubs in Deutschland, in denen jede_r mal getanzt haben sollte, warum?
01. Berghain – Berlin – kennt jeder – muss jeder mal rein – kommt aber nicht jeder.
02. Stubnitz – Rostock – das Schiff liegt nicht immer im Hafen der Stadt – aber wenn dann sollte man es umgehend entern.
03. Wohnstube – Magdeburg – die Wohnstube im Club oder der Club in der Wohnstube
04. Mitte Soundbar – Nürnberg – die schönste House-Bar der Republik
05. Uckeralm – Seelübbe – ein Bauernhof in der Uckermark
Die aktuelle Compilation BlackFoxMusic ist gerade erschienen, welche Künstler_innen sind darauf vertreten, wo kann man dieses extrem stylische Vinyl erwerben und wieviele Exemplare sind davon auf dem Markt?
Alle fünf Releases veröffentlichen wir immer eine ganz besondere Compilation bei der alte Künstler und neue Gesichter des Labels zusammen kommen. Für jedes dieser Kapitel gibt es immer ein besonderes Motto. Dieses Mal hatten wir ein Kinderbuch der NASA zum Erklären unseres Sonnensystems als Vorlage. Acht Planeten – acht Künstler – und jeder steuerte einen exklusiven Song bei. Gepresst wurden vom „Kapitel 4“ nur 298 Stück. Digital wird sie erst in zwei Monaten erhältlich sein.
Doku-Clip vom Kurzfilmer Heinrich Lipner:
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