Diesen magischen Augenblick gibt es eigentlich mit jedem Stück.
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Dies ist unsere erste Ausgabe unserer neuen Rubrik „Hausbesuch“ und ich freue mich, dass die junge Neuköllner Band Hope hierbei die Protagonist_innen sind.
Text, Interview und Fotos: Corinna Sauer
Vor einiger Zeit erhielten wir eine nette Mail von Phillip, Gitarrist der vierköpfigen Band, der uns ihre neue Single „Raw“ vorstellte. Wir waren uns direkt einig, dass uns hier eine musikalische Perle zugespielt wurde – dunkel schillernd, klingend, atmosphärisch. Sängerin Christines warme Stimme trägt durch eine dichte Klangwelt hindurch und man folgt ihr durch Untiefen, über verschlungene Pfade bis hin zu ungeahnten Höhen. Man lässt sich treiben, mitnehmen, geht verloren und findet sich wieder, wenn Keyboards, Drums und Gitarre einen neuen Weg einschlagen. Hopes Musik ist anmutig, unmittelbar, feinsinnig und gleichsam ungeschliffen. Das Video zur aktuellen Single „Raw“ schafft den visuellen düster-minimalistischen Rahmen zu ihren instrumentalen Ambient-Sounds.
Da Sängerin Christine und Gitarrist Phillip im selben Neuköllner Kiez wie ich beheimatet sind, beschloss ich, den beiden einen Besuch abzustatten, mir anzusehen, wo sie wohnen, sich wohlfühlen, kreativ sind und um mit ihnen Kaffee zu trinken und über ihre Musik zu sprechen. Am Sonntag, 12. Juli 2015, sind Hope auf dem Mit Dir Festival am Müggelsee live zu sehen.
Stellt Euch doch einmal kurz vor – wer seid Ihr und wo kommt Ihr her?
Wir sind Hope aus Berlin.
Seit wann gibt es Euch? Wie habt Ihr zusammengefunden?
Wir machen seit sechs Jahren zusammen Musik. Damals studierten wir alle an derselben Hochschule. Der Beschluss eine Band zu gründen fiel im Treppenhaus zwischen Raucherpause und nächster Vorlesung. Sicher der beste und folgenschwerste Zuruf über ein Stockwerk hinweg, den ich je gemacht habe.
Wie würdet Ihr Eure Musik beschreiben?
Das Gute ist, dass wir die Musik machen. Darüber, wie sie dann zu beschreiben ist, machen wir uns erst einmal keine Gedanken.
Alle Songs haben einen konkreten, fassbaren Entstehungspunkt – meistens der Text oder manchmal ein instrumentales Riff – was dann aber im Prozess des Probens zu viert daraus entsteht und wo das Stück letztendlich hingeht, ist für uns beim Schreiben selbst nicht bis zum letzen Ende vorhersehbar. Für uns ist es vor allem essentiell, was der Text und das Stück verlangen – ob wir diese Emotion treffen und wie weit wir diese freischälen und unterstützen oder auch untergraben wollen. Bei Konzerten ist es dann für uns extrem spannend, von Außenstehenden zu hören, was sie dann darin finden und welche Begriffe sie dafür wählen. Gestern meinte jemand: „Das ist ja Metal, was ihr macht.“
Welche Vorzüge bzw. Schwierigkeiten birgt es für Euch in sich, als Gruppe von mehreren Menschen zusammenzuarbeiten und kreativ zu sein?
Es gibt so die Chance, dass Dinge passieren, die wir nur zu viert kreieren können – und die größer und mächtiger sind, als wir selbst. Diesen magischen Augenblick gibt es eigentlich mit jedem Stück. Der Moment, in dem alle wissen, jetzt stimmt es, jetzt steht die Musik für sich alleine, geht über uns hinaus. Das ist wie Fliegen. Aber dieser Punkt lässt sich nicht erzwingen. Das kann sehr aufreibend und zehrend sein. Meistens kommt er dann doch, am nächsten Tag oder einige Wochen später. Oder wir legen das Stück irgendwann weg, dann hat es nicht sein sollen.
Wie würdet ihr euren musikalischen Prozess seit Bestehen der Band beschreiben?
Es ging von Anfang an darum, Musik zu finden, die uns neugierig macht und die für uns selbst aufregend ist. Das war uns anfangs nicht so bewusst, aber sicher ausschlaggebend dafür, dass sich das Musikmachen zusammen so gut angefühlt hat. Trotzdem haben wir zu viel aus dem Kopf heraus gehandelt. Der Entwicklungsprozess für uns als Band bestand (und besteht) vor allem darin, wieder auf diese Neugierde zurückzukommen, intuitiver mit uns zu sein, uns mehr zuzutrauen, und den Kopf im richtigen Moment auszuschalten. Es zu viert fließen lassen.
Euer neues Videos „Raw“ ist visuell sehr düster und minimalistisch gehalten. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Wir sind dem gefolgt, was das Lied mitgebracht hat. Wir wollten keine abgesonderten Bilder oder eine Handlung dazu drehen, sondern das Stück live spielen und diesen Moment einfangen. Dazu haben wir uns mit dem Regisseur Riccardo Bernardi eine Nacht in diesem riesigen, leeren Stockwerk eines Hochhauses in Tempelhof eingeschlossen und das Lied ungefähr sieben Stunden lang immer wieder am Stück gespielt. Vielleicht haben wir da auch das Stück erst richtig verstanden.
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Was sind eure nächsten Pläne? Wird es weitere Veröffentlichungen und/oder Konzerte geben?
Wir werden Konzerte spielen und weiter schreiben. Und wenn es sich richtig anfühlt, auch etwas veröffentlichen. Aber im Moment brennt es uns mehr unter den Nägeln, neue Lieder zu schreiben und mehr in Berlin zu spielen.
Wo seht Ihr Euch als Band in fünf Jahren?
Immernoch hungrig aufs Musikmachen. Immer wieder den Moment finden, in dem es magisch wird.
Eure aktuellen Lieblingsplatten sind derzeit:
Christine: Talk Talk – It’s my life
Martin: Peter Kruder – Law of Return
Phillip: Savages – Silence Yourself
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Bisherige Veröffentlichungen
2014: Single „Nude“
2015: Single „Raw“
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