Zu Besuch bei: Drunk at Your Wedding in Friedrichshain | Interview

Hausbesuch MUSIKMUSSMIT bei Drunk at Your Wedding in Berlin

Fussel, Emil und eine Instrumentenkiste

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Text und Interview: Angela |  Fotos und Video: Stephan Noë

Drunk at Your Wedding – den Namen habe ich doch schon mal gehört…Ach, ich weiß! Auch, wenn für viele der Name Programm ist und einem auf Anhieb bekannt vorkommen mag, nicht zuletzt, weil man vielleicht im Wedding wohnt, so lief mir der Name in einer Mail meines Nachbarn über den Weg. Jener Nachbar, der auch die Heimspiel-Reihe im Roter Alter Löwe Rein veranstaltet, wo Nina aka Drunk at Your Wedding bereits einen Auftritt hatte.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir wollten Nina besuchen. Ursprünglich als Duo 2010 gegründet, setzte sich DaYW zuletzt aus Nina und ihrem Bandkollegen Patrick zusammen, den es mittlerweile leider in die USA verschlagen hat. Glücklicherweise haben die zwei es geschafft, ein Album in Eigenregie aufzunehmen und zu produzieren: „Big Sigh“ lässt sich nach eigenen Angaben unter Indie-Folk verorten, „der allerdings auch mal ein wenig lauter/ experimenteller ausfällt, während die Texte von Selbstironie & Selbstmitleid („My Heart Is an Endless Chasm of Sorrow“), Sex & Politik („Fuck the Establishment“), fatalem Modebewusstsein („Skinny-Jeans Justin“) und mordenden Kindern („Creatures & Kids“) inspiriert sind.“

So beschritten wir an einem Mittwoch Mittag den Weg ins nicht weit entfernte Friedrichshain, wo uns Nina, ihre Mitbewohnerin und die zwei süßen Hunde Fussel und Emil begrüßten. Die zwei Vierbeiner sind i. Ü. auf dem Album-Cover zu sehen. Wir machten es uns in der Küche mit Tee und Saft bequem und redeten über die Entstehung des Projekts DaYW, über Frauen im Musikgeschäft, das Schreiben an sich, entdeckten gemeinsame Bekannte, wühlten in der umfangreichen Instrumentenkiste und machten in gewohnter Weise eine Fotosession.

Lest hier ein paar Fragen, die Nina uns nach dem Treffen per Mail beantwortet hat. Und psssst, derzeit ist sie auf der Suche nach jemandem, der/die auch Lust auf´s Musizieren hat. Vielleicht fühlt sich ja jemand von Euch angesprochen oder kennt wen, der/die wen kennt.

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Haubesuch MUSIKMUSSMIT bei Drunk at Your Wedding in Berlin
Session-Zeit. Stephan bei der Arbeit.

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Interview mit Drunk at Your Wedding

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Hallo Nina, stell´ Dich bitte unseren Leser_innen vor – wer bist Du, wo kommst Du her?
Hallo, ich heiße Nina und bin einst von der norddeutschen Provinz via London nach Berlin gekommen. Eigentlich habe ich einen Uni-Abschluss in Theaterwissenschaft, habe mich aber immer viel mehr für Musik interessiert. Also habe ich angefangen über Musik zu schreiben. Inzwischen schreibe ich auch selbst welche.

„Drunk at Your Wedding“ ist ein sehr schöner Name, wie ich finde. Wie kam dieser Name zustande? Er hat nicht zufällig etwas mit dem Stadtteil zu tun?
Danke! Tatsächlich kommt der Name recht gut an. Mit dem Stadtteil hat er aber nichts zu tun. Wenn es nach der Auftrittshistorie des Projekts ginge, müsste es eher Drunk in Neukölln heißen… Ausgesucht habe ich den Namen mit meiner ersten Bandkollegin Lesley. Er ist inspiriert von dem Lied „Your Wedding“ von Smog, ein ziemlich düsteres, schräges Stück, das fast nur aus einer Zeile besteht, die mantrahaft wiederholt wird: „I‘m gonna be drunk, so drunk at your wedding“. Ich mochte diesen Satz, weil er so viel mehr aussagt. Dahinter steckt offensichtlich eine traurige Geschichte.

Derzeit bist Du solo unterwegs. Das war nicht immer so, erzähle uns doch ein bisschen über die Entstehungsgeschichte von Drunk at Your Wedding.
Meine Freundin Lesley und ich haben die Band 2010 gegründet. Sie lernte damals Schlagzeug und wir spielten etwa anderthalb Jahre als Gitarre/Schlagzeug-Duo zusammen. Wir sind allerdings nur wenige Male aufgetreten und haben zwar Aufnahmen gemacht, aber nie veröffentlicht. Lesley hat die Band dann verlassen und ihr eigenes Ukulelen-Projekt Alfred Ladylike gestartet. Ich dümpelte eine ganze Weile herum und entschied schließlich, dass ich einen neuen Bandpartner brauche. Ende 2013 habe ich zum ersten Mal eine Online-Anzeige geschaltet, aber erst im Herbst darauf jemanden getroffen, mit dem es funktioniert hat: einen Engländer namens Patrick. Wir haben uns super verstanden und eine perfekte Arbeitsteilung gehabt: Von mir kamen die Songs, außerdem habe ich mich ums Booking und den Promotion-Kram gekümmert, er hat zu den Lieder abwechselnd E-Gitarre, Bass, Mandoline und andere Instrumente gespielt, war zudem für das Aufnehmen und Produzieren der Musik zuständig. Leider war von Anfang an klar, dass diese Konstellation zeitlich begrenzt sein würde, da Patrick vor dem Abschluss seines PhD stand. Am Ende hatten wir aber immerhin ein Jahr zusammen, in dem wir mehrere Auftritte gespielt und den Großteil unseres Albums aufgenommen haben. Mittlerweile lebt und arbeitet Patrick leider weit weg, in Chicago, und DaYW ist wieder ein Soloprojekt. Das ist okay, aber langfristig hätte ich schon gerne wieder einen Bandpartner.

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Du sagtest, Du möchtest gerne wieder als Duo auftreten. Was muss der- oder diejenige mitbringen? Worauf legst Du Wert?
Am liebsten möchte ich mit jemandem spielen, der vielseitig und offen ist. Es wäre toll, wenn man sich mit den Instrumenten, dem Gesang und vielleicht auch dem Songwriting abwechseln könnte. Für Profi-Musiker ist das Projekt definitiv nichts, aber Zuverlässigkeit und ein gewisses Engagement sind schon wichtig. Und natürlich sollte es Überschneidungen beim Musikgeschmack geben. Ich mag ja Moll-lastiges Folk-Zeug, finde Lärm aber auch mal ganz schön und würde außerdem gerne noch mehr in eine experimentelle Richtung gehen.

Könntest Du Dir auch vorstellen, in einer größeren Band zu spielen?
Hmmh… Als Nebenprojekt vielleicht. Für Drunk at Your Wedding eher nicht oder lediglich in Form von Gästen zu bestimmten Songs. Natürlich wäre es manchmal toll, mehr Instrumente zu haben. Aber ich mag das Duo-Format, weil man flexibler ist. Man braucht wenig Platz, die Terminkoordinierung ist leichter und man muss weniger Meinungen unter einen Hut kriegen.

Das aktuelle Album „Big Sigh“ hast Du mit Patrick in kompletter Eigenregie aufgenommen. Welches waren die größten Herausforderungen?
Eine Herausforderung daran zu Hause aufzunehmen war definitiv, dass wir uns leicht verquatscht oder anderweitig haben ablenken lassen. Davon abgesehen war vermutlich das Schwierigste, mit dem recht einfachen Equipment, das uns zur Verfügung stand, und unserer begrenzten Erfahrung ein Resultat zu erzielen, mit dem wir beide halbwegs zufrieden waren. Das konnte manchmal ganz schön dauern… Bei den letzten Aufnahmen kam noch die räumliche Distanz hinzu. Ich war den Winter über in Neuseeland unterwegs, Patrick war in England, ging dann in die USA und hatte viel um die Ohren. So zog sich das Ganze in die Länge.

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Nina aka Drunk at Your Wedding

Bitte vervollständige folgende Sätze:

„Big Sigh“ ist _ein Argument weshalb, der Brexit eine Scheißidee ist_.

Wenn ich etwas an diesem Album ändern könnte, so wäre es _Unter uns? Sowohl Patrick als auch ich würden im Nachhinein einiges gerne ändern, zumal wir manche Songs schon sehr früh aufgenommen haben, noch bevor wir live aufgetreten sind. Ich weiß, dass Patrick mit seinem Bass-Spiel auf „Lowland Mountain Place“ und dem Schlagzeug auf „Skinny-Jeans Justin“ nicht glücklich ist und auch ich würde am liebsten einige meiner Gitarren- und vor allem Gesangsparts nochmal aufnehmen. Inzwischen singe ich ein paar Stücke etwas anders oder höher. Noch mehr Instrumente wären natürlich auch schön gewesen, z.B. mehr Schlagzeug oder Percussions, um einigen Liedern mehr Druck zu verleihen. Usw., usf.. Aber hätten wir unter den jetzigen Umständen – ich in Berlin, Patrick in Chicago – nochmal damit angefangen, Songs neu einzuspielen, wäre das Album vermutlich 2017 noch nicht fertig! Und es war klar, dass diese Platte nicht perfekt wird. Ich bin froh, dass es sie überhaupt gibt und wir haben während des Prozesses auf jeden Fall einiges dazugelernt_.

Songs zu schreiben ist für mich _ein gutes Mittel meinen Kopf zu entrümpeln_.

Ohne Musik wäre mein Leben _Kann und will ich mir das vorstellen? Nö_.

Vor einem Konzert _habe ich immer die Sorge, dass ich einen Blackout habe und mich total blamiere_.

Gibt es irgendetwas, das Du uns mit auf den Weg geben möchtest?
Sad music isn‘t depressing. Bad music is. Und danke für Euer Interesse!

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Das Video ist im Sommer 2017 nachträglich entstanden.

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Mehr Informationen

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Drunk at Your Wedding Konzerte 2017
29.09. – Vetomat (Friedrichshain, Berlin), mit Gil Hockman
23.11. – Artliners (Friedrichshain, Berlin), mit Kitty Solaris

Facebook | Soundcloud

Das Album „Big Sigh“ könnt Ihr auf Bandcamp erwerben.

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Weitere Hausbesuche wird es geben und gibt es hier.

Angela

Ich mag Serien (Narcos, Ozark, Better Call Saul, The Crown, House Of Cards, Bloodline) das Tempelhofer Feld, mein Longboard, Flughäfen, Portugal, Senf, Jogginghose, Erdnusslocken, ausschlafen, frühstücken, euch und natürlich Musik. Hier kann ich euch Shura, Rhye, Rival Sons, Royal Blood, HÆLOS, MØ, Banks und SOHN ans Herz legen. Ich mag auch vieles nicht - z. Bsp. Fisch, vollgestopfte U-Bahnen oder kalte Füße.

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