Vorgestellt: Ana Patan aus Berlin | Interview

Ana Patan

Ich bin immer noch unterwegs zur Musik und hoffentlich werde ich das immer sein.

Ana Patan und ihre weiße E-Gitarre, ein Duo, das zu unterhalten weiß. Es ist schon etwas länger her, als wir die lange Reise in den Wedding antraten, um uns von Ana, „ihrem“ Bassisten Omeye und ihrer Gitarre ein Bild zu machen (wie man sieht im wahrsten Sinne des Wortes). Herzlich empfing uns die junge Musikerin, um uns erst einmal auszufragen, was wir denn so machen, wo wir herkommen, wie es uns geht. Schon allein an dieser Geste haben wir sogleich erkannt, dass wir es hier mit einer Künstlerin zu tun haben, deren Blick und Aufmerksamkeit weit über ihren musikalischen Fokus hinausreicht. Ich erwähne es an dieser Stelle, weil wir schon oft erleben mussten, wie entsetzlich ich-fixiert es in dieser Szene zugehen kann.

Im Zimmer 16 erlebten wir dann in kuscheliger Atmosphäre ein schönes Konzert. Neben einer Vielzahl von Liedern, die die gebürtige Rumänin und Omeye zum Besten gaben, erzählte sie uns diverse Anekdoten aus ihrem Leben, die zum Teil in ihren Songtexten wiederzufinden sind. Man merkt ihr an, dass ihr das Musizieren, mit allem, was dazu gehört, enorm wichtig ist. Dennoch wird einem dieses gewisse Etwas an Entspanntheit und Lebensfreude vermittelt, wovon wir uns wahrscheinlich alle eine Scheibe abschneiden sollten.

Nach dem Konzert gingen wir mit ihr und ihren Freund_innen noch einen Kaffee trinken, um ein wenig weiterzuplaudern und uns für das Konzert zu bedanken. Lest hier ein Interview und erfahrt mehr über diese sympathische Künstlerin, von der wir hoffentlich noch öfter hören werden.

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Einleitung: Angela | Fragen und Fotos: Corinna

Seit wann machst Du schon aktiv Musik und wie bist Du zu ihr gekommen?
Im Kindergarten habe ich gerne gesungen und die Erzieherinnen haben mich dazu eingeladen, es immer wieder bei Feiern und Festen zu tun. Das Gleiche ist durch die ganze Schulzeit weitergelaufen, besonders, wenn ich mich auf der Gitarre begleiten konnte und einige Lieder schrieb.
Jedoch, um Deine Frage technisch korrekt zu beantworten, Corinna, es hat lange gedauert, bis ich eigentlich zur Musik gekommen bin. In meiner Familie war sie nicht als “seriöser” Beruf zu betrachten, ich musste erstmal meinen Uni-Abschluss erhalten und dann mindestens sowas wie Chefarzt, Bank CEO oder Bundespräsidentin werden.

Mit 22, als ich in einem Büro als Diplom-Marketing-Frau aufwachte, sah ich plötzlich, das war nicht, was ich mit meinem Leben wollte. Die ganze Zeit war mir aber die Musik immer wieder entgegengekommen, sie hat mich verwöhnt, geliebt, und fest gehalten. Sie hatte mir bisher Preise beschert, Konzerte auf den größten Bühnen, Erscheinungen in Magazinen, Radio und TV, sogar einen Agenten und Label Vertrag ermöglicht. Es wäre Zeit, dachte ich, dass ich auch etwas zurück gab. So habe ich mich entschieden, mich völlig der Musik zu widmen – richtig zu studieren und zu üben und ihr meine ganze Aufmerksamkeit und Respekt zu schenken. Ich bin immer noch unterwegs zu ihr und hoffentlich werde ich das immer sein.

Omeye und Ana
Omeye und Ana

Du bist in Deinem Leben viel gereist und hast in unterschiedlichen Ländern gelebt. Inwiefern ist Deine Musik durch Deine Reisen inspiriert?
Von Reisen konnte ich nur träumen, als ich ein Kind in Rumänien war, während der Ceausescu Diktatur. Fast niemand konnte das Land lebendig verlassen oder Nachrichten darüber bringen, wie es “draußen” so ist. Es waren alles nur Legenden. Eines Tages wollte ich alles selbst sehen, riechen, fühlen! Vor allem, weil es verboten war! Natürlich finden sich all diese Emotionen jetzt in meiner Musik!
Reisen ist unmittelbare Erfahrung. In den alte Zeiten schickten Familien, die es sich leisten konnten, ihre Kinder auf Reisen, als Teil ihrer Ausbildung. Raus aus der Komfortzone und hin, wo man sehen kann, wie riesig und vielfältig die Welt ist, wo man wirkliche Probleme spürt und versteht, dass überall Menschen sind, genau wie Du, auch, wenn sie so anders sind. Man entfaltet sich, lernt viel über sich selbst und seine Umgebung, wird gezwungen, dabei in seinem Körper und in dem Moment zu sein und hat weniger Grenzen.

Für mich gilt, je entwickelter die Person, desto tiefer und spannender die Kunst. Ich schreibe Lieder nur, weil ich als Mensch etwas zu kommunizieren habe. Ohne Erfahrung, Substanz, wäre das nicht möglich – das Resultat wäre langweilig und fake.

Bitte erzähle etwas über den Prozess des Songschreibens. Gibt es zum Beispiel Zeiten, in denen Du Dich sehr viel dem Schreiben widmest? Wie intuitiv gehst Du an Deine Texte heran?
Es ist einfach, die Lieder kommen von selbst an – Melodien und Texte zusammen – und ich muss nur als Übersetzerin dienen. Wenn das passiert, muss ich sehr aufmerksam, schnell und nachgiebig sein, dass ich das ganze “Data” so genau wie möglich auffangen und ermitteln kann. Wann, wie lange und wie oft das passiert, kann ich nicht kontrollieren. Inzwischen bin ich ganz ok damit und sehr dankbar.

Welche Art von Musik und welche Künstler_innen inspirieren Dich?
Zuerst wollte ich wie Chris Rea sein. Ich habe angefangen, Gitarre zu spielen und wollte auch mal seine tiefe, raue Stimme irgendwie bekommen. Diesen Wunsch musste ich aber nach und nach aufgeben (lacht). Zur Zeit bewundere ich Mozart als Meister der eingängigen Melodie, die sich doch auf solche komplizierte Strukturen und umwerfende Fähigkeiten gründet. Ich finde, dass alles, was gut im Leben ist, auch immer simpel und leicht zu verstehen ist, obwohl es so schwer zu erreichen ist.

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Du hast bereits in diversen Band-Formationen gespielt und gesungen. Als Solo-Künstlerin komponierst und produzierst Du deine Musik selbst. Was sind für dich dabei die Herausforderungen beziehungsweise die Vorzüge?
Wenn ich alleine bin, ist alles einfacher zu koordinieren, doch auch der Druck, die Verantwortung, ist höher. Wann man ein Team um sich hat, teilt man die Schwierigkeiten sowie die Resultate. Man hat mehr Spaß und Ideen, aber muß sich auch besser organisieren und kommunizieren. Fehler kaschieren ist einfacher in einer Gruppe, während man genau wissen kann, auf welchem Niveau man wirklich ist, wenn man solo spielt.

Deine Texte sind persönliche Geschichten, Anekdoten Deines Lebens, Beobachtungen. Was bedeutet es für Dich, diese (live) mit Deinem Publikum zu teilen?
Es ist nicht so, dass ich all diese Ideen unbedingt teilen möchte. Aber ich muss mich ausdrücken. Das mache ich durch Songs. Ich würde sie sowieso schreiben, ob jemand sie hören/lieben würde oder nicht. Ich weiß aber, dass sich sehr oft Leute damit identifizieren, wenn ich über meine eigenen Erfahrungen berichte. Ich bin ja nicht die einzige auf der Welt, die Sachen so empfindet. Und das finde ich schön, wenn ich auf diese Art jemandem etwas bewusst machen kann.

Erinnerst Du Dich an Deinen ersten Auftritt und was Du dabei empfunden hast?
Das wäre mein erster “professioneller” Auftritt. In den letzten Hochschuljahren, als ich fühlte, dass ich schon “genug” Bühnenerfahrung gesammelt habe und für die Welt-Übernahme schon bereit bin, ging ich mit meiner Gitarre zu einem Radiosender am Meer, wo ich auf Badeurlaub war, um mal so spontan live zu spielen. Im Foyer des Gebäudes waren zwei Wachposten mit strengen Gesichtern, die mich gleich über meine Veranlassung befragten und alles sah so unpassierbar und gewaltig aus, dass ich gleich die Courage verloren habe. Ich konnte nur ein “Ich möchte hier nichts, gar nichts” stottern als ich mich in Richtung Ausgang bewegte.

Zu meiner Überraschung wollten sie aber helfen. “Du bist hier für eine Musiksendung, oder? Hast doch eine Gitarre… Wo genau möchtest du hin?” „Das weiß ich nicht… sehen Sie… ich habe keine Einladung…” sagte ich. “OK, warte dann kurz, wir holen jemanden, die dir vielleicht weiterhelfen kann”.
Schon bald kam eine brummige Dame die Treppen runter, die mich ohne viele Worte hoch in eine Sendungs-Kabine brachte, wo das Zeichen “on air” leuchtete. Sie war keine Empfangs-Assistentin, wie ich erst dachte, nein, sie war die Redakteurin und Moderatorin der Sendung!

So kamen wir ins Studio rein, sie setzte sich hin und lud mich ein, auf einem Stuhl Platz zu nehmen, machte ein Zeichen, dass die Musik aufhören soll, und sagte ins Mikro: “Liebe Zuhörer, ich habe hier eine Verrückte mit einer Gitarre, die unbedingt bei uns live spielen möchte! Ich habe sie nie gehört, aber Sie wissen, dass ich auch nicht normal im Kopf bin, deswegen meine ich, lassen wir sie uns zeigen, was sie kann!”. Sie gab mir ein Zeichen, dass ich jetzt spielen darf. Das hätte ich niemals erwartet! Ich war entsetzt, aber trotzdem einsatzbereit! Das Adrenalin-Niveau war plötzlich so hoch, dass ich meinen Körper nicht mehr so gut kontrollieren konnte. Ich hatte einen Kloß im Hals, wie niemals zuvor (darüber hatte ich bisher nur gelesen) und meine Hände zitterten wie verrückt, als ich durch mein Liederbuch blätterte. Ich wusste, dass ich mich ohne das Buch an keinen Text erinnern würde.

Als ich anfing zu spielen, war alles wieder in Ordnung. Ich war wieder in meiner Lieblingswelt, der Musik, und tat meine Sache so gut wie ich konnte. Das Lied war vorbei und da war eine tiefe Stille.
Nachher, riesiger Applaus! Erst dann habe ich gemerkt, dass sich hinter dem Fenster alle Studiomitarbeiter versammelt hatten, um den ganzen Zircus zu sehen. Meine Gastgeberin informierte die Zuhörer auf Ihre besondere Art, dass “die Bekloppte wirklich begabt ist, meine Damen und Herren!” und sie lud mich ein, noch ein paar Lieder zu spielen und danach einige meine Stücke für die Radiostation aufzunehmen. Es war ein toller Ferientag für mich!

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Was sind Deine nächsten Pläne? Schreibst Du an neuen Songs? Und wo wird man Dich in naher Zukunft live erleben können?
Zur Zeit nehme ich auf eine Platte auf. Alles wird analog auf Band erfasst, daher soll die Darbietung in allen Bereichen stimmen, von technischer Execution bis hin zum Groove und Gefühl, da es kaum Möglichkeit für Änderungen oder Korrekturen gibt. Wirklich eine grundlegende Lektion für mich!
Sonst spiele ich regelmäßig Konzerte in und um Deutschland, ich probiere, diese rechtzeitig auf meiner Webseite anzukündigen. Es gibt dort auch eine Newsletter-Anmeldung für die, die per Email informiert sein möchten.

Gibt es noch etwas, das Du an dieser Stelle mit den Leser_innen teilen möchtest?
Ich bin nicht sehr gut in Interviews, lieber bei meinen Konzerten vorbei kommen und mich persönlich ansprechen!

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Leider gibt es derzeit noch keine Musik von Ana zu kaufen, wie sie bereits erwähnt hat, sie arbeiet an ihrem Album.

Homepage | Facebook

Angela

Ich mag Serien (Narcos, Ozark, Better Call Saul, The Crown, House Of Cards, Bloodline) das Tempelhofer Feld, mein Longboard, Flughäfen, Portugal, Senf, Jogginghose, Erdnusslocken, ausschlafen, frühstücken, euch und natürlich Musik. Hier kann ich euch Shura, Rhye, Rival Sons, Royal Blood, HÆLOS, MØ, Banks und SOHN ans Herz legen. Ich mag auch vieles nicht - z. Bsp. Fisch, vollgestopfte U-Bahnen oder kalte Füße.

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