(…) nicht nur mir kam die Kotze hoch. Es hört halt einfach nicht auf, die Booking-Agenturen reproduzieren ihre eigenen Klischees weiter und weiter.
Festival am 2. + 3. November im Uebel und Gefährlich in Hamburg
Text und Fotos: Friederike Suckert (Beitragsbild: Klit Clique)
Am ersten November-Wochenende rief Hamburg „Girl* Power!“ und natürlich bin ich gefolgt. Das Festival im schönsten Bunker der Stadt bot den heißesten Scheiß, der grad seine feministischen Kreise zieht, ein Line-Up allerfeinster Sahne!
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Auch bei den Linken ja nur Boys Boys Boys.
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Beim „Wir sind mehr“-Konzert in Chemnitz offenbarte sich, was im vermeintlich linken Mainstream und auch den Booking-Agenturen verankert ist: weiße Boys erzählen uns mal wie Vielfalt läuft. Nura (SXTN) war die einzige weibliche und nicht weiße Person des Abends und sie ist mit Casper und Marteria aufgetreten. Was ist passiert? Ist es Kraftklub auf´m letzten Meter auch aufgefallen, dass ihre Veranstaltung überhaupt nicht repräsentiert wie eine diverse Gesellschaft aussehen sollte? Wir wissen es nicht, aber ich denke, nicht nur mir kam die Kotze hoch. Es hört halt einfach nicht auf, die Booking-Agenturen reproduzieren ihre eigenen Klischees weiter und weiter.
Aber nicht alle. Das zeigte sich beim FURTHER* Festival, das von Männern ins Leben gerufen wurde und die einfach mal ein geniales all female Line Up auf die Beine gestellt haben. Ich durfte mir das Spektakel im schönsten Bunker der Stadt – das Übel und Gefährlich – ansehen.
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Fischbrötchen + Feministinnen = Jackpot.
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Am Freitag fuhren wir also ins schöne Hamburg, ich schwer am Sabbern, weil entstelltes Gesicht und Fischbrötchen im Kopf. Leider haben wir den ersten Act verpasst, das waren Preach + Natascha P. So starteten wir mit Ebow in den Abend. Die Münchnerin hat ein ziemlich loses Mundwerk und ich danke ihr herzlichst, dass sie es auch einsetzt. Die Texte sind lustig (Punani Power: Ein echter Gangster ist Feminist!) und auch sehr politisch (Asyl: versteht ihr jetzt, warum wir arm sind?) und sie macht einfach wahnsinnig Spaß auf der Bühne. Am 7.12.2018 kommt die neue Single.
Danach kam die queere Ikone Sookee (sie wird das nicht gern lesen, aber es ist nun mal so. Hat sie ja auch viel für getan.) und das meist weibliche Publikum flippte gleich mal aus. Meine „Plus Eins“ und ich sind alles andere als Fans, wollten uns das aber mal anschauen. Sind wieder keine Fans geworden, (obwohl sie wirklich in allem Recht hat, was sie rappt) und wollten zur Lesung von Margarete Stokowski und Paula Irmschler ins Turmzimmer. Haben wir ewig gesucht und somit haben wir nur die letzten fünf Minuten gehört. Die waren natürlich lustig. Naja, kannste nix machen und wieder rüber zu Sookee. Und die spielte justamente ihre Version von Jennifer Rostock’s „Hengstin“. Auch von ihr bin ich musikalisch kein Fan, aber ihre Attitüde ist einfach bemerkenswert. Ich hab schon unfassbar dumme Sprüche von Kerlen über sie gehört, ich will nicht wissen, was sie sich so anhören muss. Ihre Antwort auf das misogyne Gemacker ist genial.
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Die letzte Superfrau war MS Banks aus South London. Die Hip-Hopperin hat eine divenhafte Aura, aber das wirkt nur so. Sie hat sich erstmal Frauen auf die Bühne geholt, die Bock auf Tanzen hatten und die hatten vorne eine schöne Party. Leider kam ich nicht so richtig in den Groove rein, ging mir schon auf der Pop-Kultur so. Der knackige Abend war früh zu Ende, so sind wir noch in den Pudel gejuckelt, aber das steht auf einem anderen Blatt.
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Hummel Hummel, Mors Mors.
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Samstag war geiles Wetter, also sind wir durch die Stadt gelatscht. Hier und da einen Matjes, eine kleine Hafenrunde, bisschen den Kater aus den Ohren wehen lassen – das Übliche eben. Und so kamen wir pünktlich zum Auftritt von Gloria de Oliveira. Die düsteren synthielastigen Songs werden mit Videokunst hinterlegt, zum Beispiel mit alten Videos von Eiskunstläufer*innen. Am Anfang waren alle doch recht skeptisch und drückten sich hinten rum, aber nach 15 Minuten standen alle selig schwankend vorn. Wieder eine echte Empfehlung.
Tanzfreudig erwarteten wir die Klit Clique, obwohl ich die gar nicht kannte. Und der erste Track war ein Schock: Cloud Rap! Bin ich kein Fan von. Aber schon beim zweiten Hinhören war ich begeistert. Mit Wiener Schmäh wird auf alle losgegangen, die in Österreichs Kunstszene nerven. Snobs, die von ihren Galeristen mit Koks vergiftet werden und so weiter. Der Saal leerte sich rapide, weil nebenan Stefanie Sargnagels Lesung begann. Ungünstiges Timing, denn so haben sie die beste Hommage aller Zeiten an eben jene verpasst: „50 K“.
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Meine Geduld war es wert, auch wenn bei Stefanie Sargnagel kaum noch Platz war. Und zu recht. Die Wienerin, die bekannt dafür ist, unglaublich witzige politische Statusmeldungen bei Facebook rauszuhauen, hat diese gesammelt und einen Bestseller gelandet. Wenn sie die selbst vorliest, dann gibt’s kein Halten. Das täuscht schon manchmal drüber hinweg, wie viel Hass ihr für ihre linken und feministischen Positionen entgegen schlägt.
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Muskelkater in allen Lachmuskeln, der Rest muss auch mitmachen.
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Die Cocktailkirsche auf der Sahne der Frauenpower war Catnapp. Die argentinische Wahlberlinerin, die bei Monkeytown unter Vertrag ist, hat eine energetische Show abgeliefert, lief von links nach rechts, kniete nieder und sang sich die Seele aus dem Leib. Elektro, Strobo und Gesang: die Dreifaltigkeit meiner Liebe. Die sollten wir, wie alle anderen, im Auge behalten. Glücklich, dass sich mein Weg nach Hamburch so gelohnt hat, bin ich in die kalte Nacht. Pommes essen.
Hoffentlich sehen wir uns im nächsten Jahr wieder, FURTHER* Festival!