Meisterhaft vertontes Aufmucken
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Konzert am 18. März 2015 im Huxleys Neue Welt | Support: PINS
Fotos & Text: Corinna Sauer
Ich muss zugeben, dass ich selbst keinen großen Bezug zu Sleater-Kinney hatte, dieser legendären drei Frauen-Kombo aus dem amerikanischen Nordwesten, die in den 90er Jahren ihre Hauptschaffensphase hatten. Wie diese Band mehr oder weniger an mir vorbei gehen konnte, ist mir heute ein Rätsel. Ich denke, dass sie schon damals meine (musikalische) Welt sehr bereichert hätte. Trotzdem gibt es wenige Konzerte, bei denen ich im Vorfeld schon derart emotionalisiert war. Bereits Monate vor dem angekündigten Termin am 18. März 2015 in Berlin sprachen immer wieder Freund_innen von der Vorfreude auf dieses epische Ereignis und von dem großen Glück, Sleater-Kinney, die sich vor genau zehn Jahren aufgelöst hatten, bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert erleben zu dürfen.
Meine Freundin, ihrerseits glühender Fan, versorgte mich fortlaufend mit Lieblingssongs der Band, der Setlist des bevorstehenden Auftritts und Anekdoten zu Corin Tucker, Carrie Brownstein und Janet Weiss, um mich auf ihre Weise bestmöglich auf das Ereignis vorzubereiten und ihre Leidenschaft für die Musik von Sleater-Kinney mit mir zu teilen. Ich laß mich ein in die Geschichte der Riot Grrrls der ersten Stunde und erfuhr etwas darüber, wie sie feministisches Gedankengut prägten und Impulsgeberinnen der damaligen Frauenbewegung waren. Sie traten ein gegen Sexismus, auch den im männlich dominierten Rock-Zirkus. Ich war mehr als gespannt auf das, was mich da erwartete, auf diese lebenden Legenden des meisterhaft vertonten Aufmuckens.
Nachdem das Konzert wegen großer Nachfrage vom Postbahnhof ins Huxleys verlegt worden war, war auch dieses mit 1500 verkauften Tickets komplett gefüllt. Berichten von Freund_innen zufolge, waren die ersten Reihen vor der Bühne schon kurz nach dem Einlass um 19 Uhr besetzt und die ergatterten Plätze wurden hartnäckig verteidigt. Ich traf ein, während die Vorband, PINS aus Manchester spielte, die den Auftakt des Abends im Zeichen der geballten Frauen-Power bildeten und vom Publikum bereits wärmstens empfangen wurden.
Sleater-Kinney betraten gegen 22 Uhr die Bühne und eröffneten die Show mit dem Song „Price Tag“ aus ihrem neuen Album „No Cities to Love“. Das Publikum, bestehend aus einer deutlichen Überzahl an Frauen, war vom ersten Moment an kaum mehr zu halten. Carrie Brownstein und Corin Tucker preschten auf ihre Gitarren ein. Janet Weiss an den Drums trieb sie ihrerseits virtuos an. Welch ein musikalisches Fest. Denn neben all dem, was die Ladies politisch erreicht haben, darf man eines nicht vergessen oder unerwähnt lassen: Sie sind alle drei fantastische Musikerinnen. So wurde Brownstein vom SPIN Magazin zu einer der 100 besten Girarrist_innen aller Zeiten erkoren. Es war eine Freude, diese drei Musikerinnen auf der Bühne zu erleben: hoch professionell, absolut selbstsicher und gleichsam voller spielerischer Leidenschaft. Es folgten 70 kraftvolle Minuten, in denen sich die Band keineswegs der Nostalgie hingab, sondern vielmehr zeigte, wie aktuell und präsent sowohl sie und ihre Musik, als auch die Themen, die sie nach wie vor bewegen, sind. Die reguläre Setlist wurde mit einem energetischen Feuerwerk in Form des Songs „Jumpers“ von ihrem hochgelobten Album „The Woods“ (2005) beschlossen. Das euphorisierte Publikum, mich eingeschlossen, war selbstverständlich weit davon entfernt, die drei in die Nacht zu verabschieden und so kamen sie noch einmal für eine ausgedehnte Zugabe von 5 Songs zurück und beschlossen das Konzert dann entgültig mit dem krachenden „Dig Me Out“ aus dem Jahre 1997.
Erhitzt, ordentlich durchgerüttelt und glücklich verließen wir das Huxleys und ich freue mich darüber, Sleater-Kinney – besser spät, als nie – nun doch noch für mich entdeckt zu haben.
Fakten
Gründung: 1994
Mitglieder: Corin Tucker (Gitarre, Gesang), Carrie Brownstein (Gitarre, Gesang), Janet Weiss (Schlagzeug)
Diskographie:
1995 Sleater-Kinney
1996 Call the Doctor
1997 Dig Me Out
1999 The Hot Rock
2000 All Hands on the Bad One
2002 One Beat
2005 The Woods
2015 No Cities to Love
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