Konzert am 13. April 2018 im Lido Berlin | Support: I See Rivers
Text: Anne Teuscher | Fotos: Inken Petersen
Und wieder hat er es geschafft, vor einem ausverkauften Publikum zu spielen: Cosmo Sheldrake kam anlässlich seines Debüt-Albums „The Much Much How How And I“ unter anderem für vier Konzerte nach Deutschland, wovon jedes restlos ausverkauft war. Für das Berliner Konzert war ich am Start und so viel vorweg: es gab eine kunterbunte Überraschung.
Zunächst kam ein bezaubernder Support namens I See Rivers auf die Bühne, bestehend aus den drei Norwegerinnen Eline Brun, Gøril Nilsen und Lill Scheie, die Cosmo gerade bei ziemlich vielen Konzerten begleiten. Ihre Musik lässt sich gut als verspielt und verträumt beschreiben, wobei sie abwechselnd jeweils den Gesang, die Gitarre und Trommel mit Becken übernahmen und reichlich am Tanzen waren. Die drei jungen Frauen schienen etwas zappelig und aufgekratzt zu sein und ließen das Publikum auch wissen, dass sie von den bisherigen Konzerten nun in Berlin zum ersten mal die Gelegenheit hatten, sich die Stadt etwas näher anzuschauen. Kurzum: I See Rivers machen schöne Musik, mir persönlich fehlt jedoch der Wiedererkennungswert.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
***
Man nehme: zwei Tische und ganz viel Elektronik
***
Da ich im Vorfeld nicht wusste, wie der Multiinstrumentalist live ein Konzert umsetzt, sprich, ob er alleine auf der Bühne steht oder eine Band im Gepäck hat, war ich sehr gespannt. Das aufgebaute Bühnenbild, welches aus zwei Tischen bestand, die sich in der Mitte von der Bühne befanden, ließ jedoch vermuten, dass Cosmo alleine auftreten wird. Gegen 21:15 Uhr schließlich tauchte der Brite in gelbem Hemd, Hochwasser-Latzhose und barfuß im Scheinwerferlicht auf und wendete sich den Unmengen an Elektronik wie einem Keyboard, Laptop, einer Loop-Station und vielen anderen Gerätschaften zu, die ich nicht benennen kann, da meine Kenntnisse auf diesem Gebiet spärlich sind.
***
Vogelgezwitscher aus einem kanadischen Nationalpark, ein Schaf, ein Fernseher und Astra
***
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
In unserer Ankündigung wurde bereits in ausgedehnten Zügen erwähnt, wie Cosmo klingt und was er für Musik macht. Nochmals kurz gesagt: seine Songs bestehen unter anderem aus allerlei Geräuschen, die er irgendwo irgendwann einmal aufgeschnappt und aufgenommen hat, welche von diversen Instrumenten untermauert werden. Das Tolle an dem Konzert war, dass er bei fast jedem Song im Vorfeld die Entstehungsgeschichte beschrieb. Er spielte die einzelnen Soundschnipsel vor, wie z.B. ein gewisses Fernsehergeräusch oder auch das Blöken eines Schafs, und erklärte, wo er darauf aufmerksam geworden ist. Daraus hat sich am Ende ein ganzes Lied ergeben und man konnte anschließend genau hören, wann welches Soundelement eingebracht wurde, was mich gleich noch aufmerksamer gemacht hat. Viele Töne hat er aber auch live eingespielt und mit der Loop-Station aufgenommen, sodass diese im Laufe des Songs immer wieder zum Vorschein kamen. So hatte sein Astra neben dem Trinken noch die Funktion, als Instrument zu dienen, indem er davon einen Schluck nahm und anschließend in die Flasche pustete, was er einige Male wiederholte. So lässt´s sich auch trinken! Das minimalistisch wirkende Bühnenbild wurde vollstens mit den zahlreichen Klängen ausgefüllt und auch dem Publikum war zu entnehmen, dass die von Cosmo fabrizierten Töne zu ihnen hinüberströmten und aufgesogen wurden. Weniger toll war allerdings die Tatsache, dass das Publikum während seiner Erklärungen etwas geschwätzig war, sodass ich den eh schon nuschelnden Cosmo noch weniger verstand.
***
Kunterbunte Interaktion
***
Neben Songs von seinem Debüt wie „Pliocene“, „Hocking“ und „Come Along“ wurden auch ältere Songs wie „Solar“, „The Moss“, „Tardigrade Song“ und „The Fly“ gespielt, ebenso hat er das eine oder andere Mal improvisiert. Er ließ uns zum einen daran teilhaben, wie die Songs entstanden sind, und ließ uns zum anderen im wahrsten Sinne des Wortes teilhaben, bei einigen Songs kräftig mitzuwirken und Parts zu übernehmen. So wurde es bei „Iko Iko“ ganz schön interaktiv, was auch ziemlich lustig war, da dieser zum Schluss ins unendlich Schnelle getrieben wurde und das Publikum, angetrieben durch Cosmo, dennoch unentwegt weitermachte. Neben all dem schien das Ende immer näher zu rücken, aber mit solch einem hätte wohl niemand gerechnet. Die ganze Zeit über war die Show unspektakulär mit dezentem Bühnenlicht, weswegen es zunächst umso überraschender war, dass sich dieses auf einmal kunterbunt färbte. Dies geschah im Zusammenhang mit „Wriggle“, das natürlich nicht fehlen durfte, und dafür kamen drei weitere „Personen“ auf die Bühne: eine Person mit einer Art Zirkusoutfit, welche an einer Laterne befestigt eine gebastelte Sonne ins Publikum schwenkte, und zwei Personen, die als Sonnenblumen verkleidet rhythmisch zum Song tanzten. Diese Performance kam ziemlich gut beim Publikum an, was durch die gesamte Atmosphäre zu spüren war. Ein tosender Applaus brachte Cosmo noch für zwei Zugaben auf die Bühne, wovon beim letzten Song „Rich“ neben den erwähnten Darsteller_innen auch noch einmal I See Rivers auf die Bühne kamen und den Part vom Singen übernahmen.
Es war ein wirkliches Fest, Cosmos facettenreichen Songs zu lauschen, die nach einer Mischung aus Mittelalter, Jahrmarkt, Zirkus, Märchen, RnB, Elektro und Hip Hop klingen. Es lohnt sich sehr, ihn einmal live gesehen zu haben und dieses ganze Spektakel in voller Blüte zu erleben.
[hr gap=“30″]