Hinter den Kulissen #3 | Berufe im Musikbusiness
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Text: Angela Beyer | Beitragsbild: Silvia Vecchini (NODE art management)
Es wird Zeit für eine weitere Vorstellung eines Berufes im Musikbusiness. Vor einiger Zeit lud mich Booker und Barkeeper Vlad auf einen Drink ins schöne Barkett nach Schöneberg ein, um ein wenig über die hiesige Musikszene und mögliche Kooperationen zu quatschen. Das ist schon ein interessantes Thema, deswegen besuchen wir ja auch Musiker_innen zu Hause oder im Studio und gehen auf Konzerte. Spannend ist es aber auch, zu sehen, wer den ganzen Zirkus am Laufen hält, oder? Wer holt die bisher noch weniger bekannten Bands auf die Bühne? Welche Konzepte gibt es, diese Events für alle, auch finanziell, attraktiv zu gestalten?
Der Vlad kennt alle Seiten: als Musiker steht er auf der Bühne, als Booker sitzt er vorm Computer und hat stets ein Auge auf die Bands von morgen gerichtet und als Barkeeper – na, klar – da steht er am Zapfhahn und mischt uns Sause-Brause. Lest hier, welches seine Aufgaben sind, was seiner Meinung nach die Musikwelt so liebenswert macht und warum ein 9 to 5 Job nicht unbedingt die Erfüllung seines Daseins ausmacht.
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Wie nennt sich dein Beruf?
Booker und Barkeeper.
Wo arbeitest du derzeit?
Barkett Bar in Schöneberg/Kreuzberg.
Wie kam es dazu, dass du ausgerechnet diesen Job machst?
Eigentlich beschäftige ich mich mit der Musik mein ganzes Leben lang, Musik mache ich selber schon seit ca. 10 Jahren. Schon in der Bauphase (das heißt seit mehr als drei Jahren, ufff.) war ich aktiv und der Chef hat mir angeboten, die Booker-Position zu übernehmen. Damals war ich relativ frisch in Berlin und das war die perfekte Möglichkeit hier in die Musikbranche einzusteigen.
Wie sieht ein normaler Wochentag bei dir aus?
Normaler Wochentag, was ist das denn, haha. Vieles kommt darauf an, ob ich am Abend Schicht habe. Unter der Woche habe ich fixe Tagen, an denen ich nur Booking mache, da geht’s um ca 10 Uhr morgens los. Falls ich eine Tresenschicht habe, da beginne ich um halb sechs abends.
Arbeitest du alleine oder im Team?
Für die beiden Positionen arbeite ich im Team und zwar sehr gerne. Sofern es um Booking geht, dann mache ich das zusammen mit meinem Kollegen Michael. Früher habe ich alleine sowohl Booking als auch Ton und Bühnenauf- und abbau gemacht, was natürlich sehr anstrengend war. Ab diesem Jahr haben wir noch eine Verstärkung im Team und das freut mich extrem, weil die Kollegin sich nur mit Promotion und Werbung beschäftigen wird.
Was sind deine spezifischen Aufgaben?
Sie sind viele. Ich muss die sämtlichen Anfragen von Bands bearbeiten, dazu suche ich auch selber aktiv nach neuen Musikern. Eine Show zu veranstalten heißt nicht nur ein Facebook-Event zu erstellen – die Konzerte muss man vermarkten und das ist eine aufwändige Aufgabe, bei welcher man sehr präzise und konzentriert arbeiten muss. Die Künstlerbetreuung während der Show ist auch total wichtig, darauf lege ich persönlich sehr viel Wert.
Was ist das Ziel in deinem Beruf, worauf kommt es an?
Das größte Ziel ist natürlich ein regelmäßiges monatliches Programm zu erstellen, bei welchem jede Show voll ist und sowohl die Künstler als auch das Publikum begeistert sind. Und da geht es mir nicht so um die finanzielle Seite (die ja auch wichtig ist), sondern um die ganze Atmosphäre, die im Barkett herrscht und die aufbewahrt werden soll. Kurz gesagt – Barkett soll dank mir eine Institution bleiben, wo immer qualitative hochwertige und spannende Musik gespielt wird.
Was denkst du sind die wichtigsten Fähigkeiten, die man für deinen Job mitbringen muss?
Das klingt banal, aber man muss die Musik tatsächlich lieben. Und zwar nicht nur die ein oder andere Band gerne jeden Tag hören, sondern sich auch in der Geschichte der Musik auskennen, dazu immer neugierig und offen für alles Neue bleiben. Selbst wenn man die Pop-Musik nicht unbedingt so gerne mag, muss man auf jeden Fall die Trends verfolgen. Wenn wir pleite gehen – ist es eine Konzertlocation in Berlin weniger. Von daher ist gewisses geschäftliches Geschick auch ein Muss, genauso wie Freude an sozialem Leben. Als Booker muss man von mir aus auch ein bisschen Psychologe sein.
Musst du viel rumreisen?
Quer durch Berlin schon ja regelmäßig, ha! In Deutschland und Europa leider noch nicht. In meiner Position macht es auch nicht so viel Sinn, denn streng genommen kaufe ich die Bands für´s Barkett ein.
Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf und was magst du nicht so sehr?
Nach den neuen Künstlern zu suchen und die neue Musik zu entdecken ist ohne Zweifel das, was ich am meisten an meiner Arbeit mag. Die Gespräche über Finanzen mag natürlich keiner und Bürokratie nervt ja auch, aber das ist wichtiges Teil meines Jobs.
Was macht ihn so besonders?
Vor allem ist es kein typischer Bürojob. Das betrifft sowohl Arbeitszeiten als auch die Art von Menschen, die in den ganzen Prozess involviert sind. Die Kommunikation ist viel entspannter als bei jeder anderen Arbeit, die ich in meinem Leben gehabt habe.
Deine größte Panne bisher war?
Ich glaube, das war das erste Mal, als wir an Fête de la Musique teilgenommen haben. Da habe ich drei Acts gebucht. Und so kommt der erste Musiker, ein Singer-Songwriter, und es stellt sich heraus, dass er live eine eine absolute Katastrophe war, der konnte einfach nicht singen! Die zweite Band sollte ein Blues-Duo sein und die beiden sind vollkommen blau aufgeschlagen, ich habe sie nicht auf die Bühne gelassen. Den Abend hat die letzte Band gerettet, auf die ich auch sehr gehofft hatte. Dank des unglaublichen Charismas des Frontmans und dem ganzen Vibe der Band war die Atmosphäre wieder super, sie haben auch eine Horde von Fans mitgebracht, die als Publikum einfach großartig waren. Vorher war ich kurz davor mich selber umzubringen und den Laden anzuzünden, damit niemand die Spuren meiner Blamage sehen konnte. Das war aber eine Erkenntnis.
Dein größtes “Hurra-Erlebnis” bisher war?
An das Größte kann ich mich nicht sofort erinnern, aber an das Erste und Einprägsamste schon. Das war das Konzert einer lateinamerikanischen Band, die zum ersten Mal in Berlin spielen sollte. Das war generell eine ziemlich riskante Aktion für uns, weil wir zu dem Zeitpunkt fast niemals Vorverkauf gemacht hatten, die ganze Promo lag an uns und es war Sommer dazu – schon nicht die optimalsten Voraussetzungen für eine Barshow. Die Band hat mir aber so gefallen, dass ich das ganze Risiko trotzdem eingegangen bin und der Laden war voll und den ganzen Abend herrschte perfekte Stimmung. Die Eröffnung 2014 und der erste Geburtstag von der Bar 2015 waren auch ein Riesenfest.
Welches ist deine letzte musikalische Neuentdeckung?
Dadurch, dass ich wirklich sehr viel Musik tagtäglich höre, bin ich schwer zu überraschen. Privat sind meine letzten Perlen die Holländer The Dead Neanderthals (krasse Drone Jazz-Band, wo nur zwei Saxophonisten und ein Drummer spielen) und die Schweden Kungens Män (sehr eklektische Krautrock Band). Auf der Arbeit haben mir es letztens solche Künstler wie Tim McMillan, Quartabe und Gonsofus richtig angetan.
Fülle die Lücken.
In der Musikbranche zu arbeiten ist für mich _lebenswichtig_. Wenn ich kein _Booker_ geworden wäre, wäre ich jetzt vermutlich _ein Literaturwissenschaftler, dem ständig etwas fehlt_. Das Erste, was ich mache, wenn ich meinen Arbeitsplatz erreiche, ist _PA und Kaffeemaschine einschalten_! Manchmal könnte ich _nicht aufhören zu lächeln_, wenn _das Publikum und die Band nach dem Konzert weiterfeiern_. Ein „Nine to Five“-Job bedeutet für mich _öfter Langeweile und erzeugt auf Dauer das Gefühl, dass man um jede Zeit durch jede andere Person ersetzt werden kann_, denn _der ganze Stress lohnt sich im Endeffekt nicht. Für mich persönlich zumindest, da ich kein unmittelbares Ergebnis meiner Arbeit sehe und dann null Freude an Machen und Tun habe_. Wenn ich nur eine Sache an meinem Job ändern könnte, wäre das _bestimmt die Größe des Konzertraums_. Ein Arbeitstag ist perfekt, wenn _die Band rockt, Publikum geht ab und wir machen den Laden um 7 Uhr morgens zu_.
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