Text: Till Brokhausen
Thylacine hat mit der Transsibirischen Eisenbahn einmal Russland durchquert und seine Eindrücke in „Transsiberian“ festgehalten.
In 40 Minuten durch das flächengrößte Land der Welt. Thylacines jüngstes Werk funktioniert ähnlich wie ein Fotoalbum, das ein Fenster in ein Land und seine Kultur sein kann. William Rezé, so der Franzose bürgerlich, hat eine knapp zweiwöchige Zugreise durch Russland unternommen. Seine Begegnungen mit anderen Musiker_innen, Maschinen und Menschen hat er aufgezeichnet und in einem Electronica-Album verarbeitet.
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Nicht nur wegen der Bahnhofsgeräusche, der schnaufenden Lok oder des rhythmischen Hämmerns ihres Radsatzes, mit denen Thylacine wortwörtlich in „Transsiberian“ einsteigt, erinnert mich das Ergebnis an eine Zugfahrt. Die zehn Tracks, die das Album ausmachen, simulieren mit House-Beats und poppigen Melodien einen rauschenden Zug, der sommerliche Landschaften durchkreuzt und Details oft nur schemenhaft erkennen lässt. Die Samples tatarischer und schamanischer Lieder und russischer Chöre verhalten sich zum unnachgiebigen Beat genauso. Oft sind sie anfangs klar erkennbar – ein Moment der Pause nach dem letzten Track, ein kurzer Aufenthalt – dann werden sie in Bässen und Snares verwoben, im Strom vergangener Erfahrungen verwaschen.
Deswegen schon ist „Transsiberian“ keine Sammlung klassischer Momentaufnahmen. Es ist vielmehr die Wiedergabe von Erfahrungen, die im festen Rahmen der Reise wie Echos nachklingen. Nirgends wird das so deutlich wie im Closer „Memories“ und im Interlude „Aïkhaï & Mandukhaï“, wo der Rahmen plötzlich aufbricht und der Beat, der bis dahin ständiger Begleiter war, reduziert wird oder ganz wegfällt. Plötzlich stehst du im Moment, am Ende der Reise oder abseits der Schienen. Auf den Gleisen bietet Thylacine einen energiegeladenen Reise-Soundtrack, der – wie kann es anders sein – in der russischen Hauptstadt „Moskva“ seinen Höhepunkt findet.
„Transsiberian“ erzählt nicht in chronologischer Reihenfolge von der Reise. Trotzdem steht an ihrem Ende ein Rückblick auf einen erfahrungsreichen Trip, der im Zug zugegeben manchmal einseitig war, mir aber trotzdem Spaß gemacht hat.
Wir haben zuvor mit William Rezé gesprochen. Das Interview mit mehr Details zu seinem Album und seiner Reise findest du hier.
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Am 21. Juni 2016 ist Thylacine im Rahmen der Fête de la Musique live im Kesselhaus zu sehen. Weitere Tourdaten für Europa findet Ihr auf seiner Homepage.