Konzertbericht: Die neuen Meister in Berlin

Die neuen Meister Berlin Sven Helbig Foto Katharina Blum MUSIKMUSSMIT
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  • Beitrag zuletzt geändert am:27. September 2018
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Die neuen Meister live am 20. Juni 2016 in Berlin
Text und Fotos: Katharina Blum // Auf dem Beitragsbild zu sehen ist Sven Helbig

Was/wer nicht schick ist, ist unglaublich cool.

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Montag Abend. Der Showroom der Volkswagen AG auf der Friedrichstraße. Alles ist weiß und ultra modern. Meine Begleitung und ich ergattern einen Stehtisch weit vorn und ich bin froh, dass ich mich doch noch umgezogen habe. Dabei ist das Publikum sehr durchmischt. Ein Herr mit spitzen Schlangenlederschuhen schwenkt das Weinglas und daneben kichert ein junges Pärchen vor sich hin. Alles in allem ist doch alles etwas schick und elitär. Was/wer nicht schick ist, ist unglaublich cool.
Dazu gehören wir dann.

Heute die Klassiker von morgen?!

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Es wird sehr voll, wenn auch nicht ganz ausverkauft. Eine junge Dame von der Volkswagen Aktiengesellschaft heißt das Publikum und die Künstler_innen im Volkswagen Group Forum herzlich willkommen. Im Namen der VW AG. Die Wörter „Volkswagen Aktiengesellschaft“ fällt auffällig oft. Christian Kellersmann von Edel Musik und Julia Böhmer vom Deutschen Kammerorchester betreten die Bühne und sagen noch ein paar Worte zur zweiten Ausgabe der dreiteiligen Konzertreihe. Das Sublabel von Edel Musik – Berlin Classics, deren Künstler_innen an diesem Abend ihre Werke präsentieren – will neue Formen der Klassik bekannt machen. Und heute schon die Klassiker von morgen spielen. Und das DKO (Deutsches Kammerorchester), welches die Werke präsentieren wird, hat sich auf die Fahnen geschrieben, neben ihrem klassischen Standardrepertoire viel zeitgenössische Musik zu spielen.

Die neuen Meister Berlin DKO Foto Katharina Blum MUSIKMUSSMIT
Deutsches Kammerorchester

Das Konzert beginnt mit der Chamber Symphony op. 62 von Fazil Say. Es klingt sehr experimentell. Modern. Teilweise ist es schon leicht verstörend und gäbe einen super Soundtrack für einen Horrorfilm. Moderne, ab und zu dissonante Musik für das Kammerorchester. Der zweite Satz ist ein wenig harmonischer. Eine aufgekratzte Spannung zieht sich aber trotzdem durch das komplette Werk. Das scheint etwas Gutes zu sein, mein Fall ist es nicht so. Das Orchester spielt gut, wenn auch nicht herausragend. Ab und zu gibt es ein paar Unstimmigkeiten, aber mein zugegebener Maßen in moderner Klassik nicht ausnahmslos geschultes Gehör mag nicht ganz den Unterschied zwischen Absicht und Fehler heraushören.

Die Visuals ziehen sich als breite Leinwand über den Hintergrund der Bühne und ich kann wenigstens sagen, dass die pinken Scherenschnittmuster in Kombination mit der sterilen Location und dem Orchester auf der Bühne kein stimmiges Bild ergeben.
Vor der Pause schließt sich die Uraufführung Christian Josts Lover-Skysong an. Das Orchester bekommt Unterstützung von einem E-Bass, einem Flügel, Percussions und Jost als Dirigenten. Sie fügen sich am Anfang noch ganz gut in das nicht weniger dramatische Stück. Dann wird alles etwas viel. Und dann kommt wieder ein Teil, der sehr gut, mitreißend und angenehm klingt. Die schöne Schlagzeugerin trägt auf jeden Fall einen Teil bei.

Wasserschalen, Flaschen und Trillerpfeifen

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Nach der Pause wird es dunkel. Auf Matthew Herbert hatte ich mich sehr gefreut, der mit seinen technischen Gerätschaften viel versprach. Herberts Further beginnt mit Kopflampen bestückten Musiker_innen, die durch den Saal wandeln und mit Wasserschalen, Flaschen und Trillerpfeifen eine klangliche Atmosphäre schaffen, in der später die Musik der Instrumente schwingt. Das ist auf jeden Fall kein klassisch klassisches Stück. Aber heute sollen ja Grenzen überschritten werden. Warum also nicht die zur Performance passende Kunst. Auf jeden Fall eine Form, die bei diesem Publikum sicher zukunftsfähig ist.

Die neuen Meister Berlin Gilad Hochman Foto Katharina Blum MUSIKMUSSMIT
Gilad Hochman / Die neuen Meister

Trotzdem muss ich gestehen, dass mir am Besten das Stück von Gilad Hochman Nedudim (Wanderung) gefällt. Obwohl dieses am wenigsten modern und experimentell klingt. Oder vielleicht deshalb. Es bemüht sich keiner Provokation und wirkt irgendwie ehrlich und rund. Im Hintergrund zeigen sich große Aufnahmen trockener Landschaften und Solist Alon Sariel an der Mandoline nimmt das Publikum mit. Weit weg auf eine Reise in den Süd-Osten Richtung Israel. Da kommt man schon mal ins Träumen. Fernweh inklusive.

Sven Helbigs A Tear/Urban Perfume sollte den Konzertabend beenden. Die Mischung von Live-Orchester und Samples aus dem Computer klingt gut und schließt das Konzert perfekt ab, wirkt dann aber nicht so authentisch und abgerundet wie das Stück davor.

Alles in allem war es ein sehr interessanter Abend. Abwechslungsreich und spannend. Wenn auch zwischendurch ein bisschen überspitzt modern und dissonant. Aber auch dafür gab es laute Bravo-Rufe. Das Publikum war begeistert. Die Mischung verspricht auf jeden Fall auch für das dritte Konzert am 6. November 2016 einen Abend voller Überraschungen. Dann mit Künstlern wie Ben Palmer, Arash Safaian und Sebastian Knauer. Definitiv mal was anderes. Und vielleicht ist ja tatsächlich der ein oder andere alte Meister von morgen dabei.

Katharina

Als ich die Blockflöte irgendwann doof fand, wollte ich lieber Gitarre lernen. Das war cooler. Nach einigen Bandprojekten kam das durch die Welt wandern und dann ist das Musikmachen irgendwie immer mehr ein Bestandteil meiner privaten Sphäre geworden. In Berlin hängen geblieben mache ich immer irgendetwas zwischen Studium, das Leben genießen, irgendwo im Musikbereich arbeiten, tanzen. Viel Musik halt. Aber ich bin auch viel unterwegs, betätige mich gern sportlich oder kulinarisch. Und ich steh auf Milchreis.

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