Fünf Alben darf ich euch vorstellen? Da muss ich echt etwas grübeln, um mich auf nur fünf festzulegen. Nein, ich muss vor allen Dingen erst einmal überlegen, welches Genre ich mir herauspicke! Was sind denn für mich die größten Alben? „Random Access Memory“ von Daft Punk spielt sicherlich ganz weit oben mit. Irgendwo stehen auch die älteren Alben von Bodo Wartke auf meiner Liste. Und vor kurzem hat mich gerade das Debut-Album von Faber total gepackt. Und wie bekomme ich die nun alle unter einen Hut? Gar nicht! Stattdessen widme ich mich einer anderen musikalischen Leidenschaft – dem Deutschrap! Kommt mit auf eine musikalische Reise zwischen Gin, Flüchtlingskrisen und Maxi-Cosis.
Text und Auswahl: Björn Rohwer | Illustraion: Jakuffo
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Fatoni – „Im Modus“
Was macht Fatoni, nachdem er gerade im letzten Album gerappt hat, dass er als „Benjamin Button des Deutschraps“ immer besser wird? Sein neuestes Album einfach Mixtape nennen! Wenn es dann nicht besser geworden ist, kann er ja immer noch sagen, dass es gar kein Album war und deswegen nicht zählt. Trotz des Mixtape-Stempels hält Fatoni mit „Im Modus“ aber das hohe Niveau von „Yo, Picasso“ und liefert wieder clevere, selbstreflektierte und lustige Texte ab. Wieso dann nur als Mixtape betitelt?
Musikalisch gibt es dieses Mal keinen roten Faden – vom Tischtennisball-Beat über Trap bis zum Sologitarren-Song hören wir zahlreiche Spielarten des Deutschraps. Sogar richtig experimentell wird es mit dem Stück „Zum Entspannen“, das in mir so einiges bewirkt – nur keinerlei Entspannung. Selbst wenn ich je nach Laune den ein oder anderen Song skippe, zählt Fatonis Mixtape zu den bisher stärksten Veröffentlichungen dieses Jahres.
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OK KID – „Zwei“
Ist das überhaupt noch Deutschrap? Oder schon Pop? OK KID bewegen sich mit „Zwei“ irgendwo auf der Grenze zwischen diesen beiden Genres. Allerdings bedeutet die Pop-Nähe hier nicht, dass sie einfach Sprechgesang mit banalen Themen und Ohrwurmhooks verbinden. OK KID haben etwas zu sagen und weichen dafür immer wieder von Mainstream-Pop-Mechanismen ab.
Das „5. Rad am Wagen“ rollt in bedrohlich treibender Kulisse mit starkem Megaloh-Part, direkt gefolgt von der Gin-Hymne „Bombay Calling“. Im Bosse-Stil wird der Februar besungen, gerade nachdem OK KID in „Gute Menschen“ ihre Haltung zu rechten Bewegungen wie Pegida oder der AfD deutlich gemacht haben. „Zwei“ ist abwechslungsreich und zeigt, dass auf der Grenze zwischen Pop und Rap noch mehr ist als Cro.
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Ali As – „Insomnia“
Vor mehr als 15 Jahren erschien Ali As’ erstes Mixtape – außerhalb des Rap-Kosmos hat er aber erst im letzten Jahr durch seinen Chart-Hit „Lass sie tanzen“ Bekanntheit erlangt. Auch auf seinem neuesten Album „Insomnia“ steht mit „Von den fernen Bergen“ eine chart-taugliche Single im Vordergrund. Allerdings verstecken Ali As und SXTN unter dem poppigen Mantel dieses Mal ein politisches Statement zur Flüchtlingsthematik: „Uns will hier keiner haben, doch man darf ja wohl noch sagen: ‚Ohne eure Waffen wär’n wir gar nicht hier!’“
Auch abseits des SXTN-Features klingt „Insomnia“ poppiger als die vorherigen Alben und sorgt für so einige Ohrwürmer – gerade die Refrains des Titeltracks und von „Stuntman“ haben sich fest in meinem Kopf verankert. Ali As gibt sich insgesamt etwas weicher, ist dabei technisch und sprachlich aber ausgebufft wie eh und je.
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Dendemann – „Abersowasvonlive“
Für mich gibt es keine Deutschrap-Top-5 ohne Dendemann – auch wenn ich dafür ein etwas älteres Album ausgraben muss. Aber was soll ich machen? Dendemann lässt sich für sein neues Album schon viel zu viele Jahre Zeit. Der Musiker mit der rauen Stimme und den vielsilbigsten Reimen des Deutschraps hat nach seiner Zeit bei Eins Zwo nur zwei Studio-Alben und ein Live-Album veröffentlicht und für mich damit textlich ganz neue Maßstäbe gesetzt.
Während „Vom Vintage verweht“ etwas härter und rockiger klingt, trifft der Mix aus großartigen Single-B-Seiten und Dendes Hits in Live-Versionen auf „Abersowasvonlive“ genau meinen Geschmack. Bester Old-School-Deutschrap wie in den Neunzigern – textlich aber Lichtjahre vor Den Fantastischen Vier und Co.
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Dexter – „Haare Nice, Socken Fly“
Im letzten Moment schiebt sich auch „Haare nice, Socken fly“ in meine aktuelle Deutschrap-Hitliste. Als Produzent spielt Dexter mit Beats für Cro, Casper und Co schon seit Jahren in der absoluten Oberliga. Nachdem er auf dem ebenfalls großartigen Kollabo-Album „Yo, Picasso“ mit Fatoni schon einige Parts selber gerappt hat, kommt nun sein erstes, ganz eigenes Album als Rapper.
Man merkt „Haare nice, Socken fly“ absolut an, dass hier keine Beats von verschiedenen Künstler_innen genommen wurden, sondern das ganze Album musikalisch aus einem Guss ist. Alles klingt nach einer sommerlichen Fahrt im Cabrio – aber bloß nicht zu schnell! Ganz entspannt fahren wir in den Sonnenuntergang und lauschen wie Dexter über Maxi-Cosis, seine Lieblings-Weinsorten oder seinen Familienalltag rappt. Klingt ganz nach dem blöden Label „erwachsen geworden“.
Dexter verpackt die Themen aber mit Wortwitz und einer gehörigen Portion Ironie. Immer wieder greift er sich typische Rap-Motive, wie das Prahlen mit Autos, um dann nicht von Lamborghini-Spritztouren sondern von Fahrten im VW Caddy mit seinem Sohn im Maxi Cosi zu erzählen. Wenn er von seinem tollen Leben spricht, meint er keine Partys und Exzesse, sondern einfach das Sandburgenbauen mit seinem Sohn – und das hat bisher kein Rapper so cool rübergebracht!
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Am Ende dieser Liste fehlen eigentlich noch so viele tolle Künstler_innen, die ich euch gerne vorstellen würde – ob Antifuchs, Juse Ju, Edgar Wasser, MoTrip, Neonschwarz, Genetikk, Audio88 & Yassin, Marteria, Beginner oder so viele andere. Aber andererseits seid ihr mit dem Hören dieser Alben auch erstmal genug beschäftigt. Vielleicht gibt es ja später einmal eine Fortsetzung.