Juicy Beats Festival am 29. + 30. Juli 2016 in Dortmund
Text: Jennifer Gottstein
21 Jahre Juicy Beats
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Das Juicy Beats ist für viele Dortmunder_innen eines der wenigen Highlights des Jahres außerhalb vom Fußballstadion. Seit 21 Jahren bringt es neue Musik nach Dortmund. Zum Jubiläum letztes Jahr musste der zweite Festivaltag leider wegen Unwetter ausfallen, doch dieses Jahr gab´s dann das volle Programm. Auch das Camping schien ganz gut geklappt zu haben, so weit die Aussagen der Camper. Mit insgesamt 50.000 Festivalbesucher_innen kann sich das Festival durchaus sehen lassen und sucht vergeblich einen Vergleich in Dortmund. Im Westfalenpark wurden dieses Jahr mehr als 10 Bühnen aufgebaut und mit teils hochkarätigen Künstler_innen besetzt, aber auch die Newcomer kamen nicht zu kurz.
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Lokaler Support und totaler Abriss
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Am Freitag startete der Festivaltag schon um 15 Uhr auf den kleineren Bühnen, unter denen die Dortmund.Macht.Lauter Stage eine Neuheit war und nur für lokale Bands ausgerichtet war. Somit sah man alte Gesichter wieder, wie Rekk und Walking On Rivers. Aber auch Der Wolf (dürfte den meisten noch bekannt sein von „Oh shit, Frau Schmidt“) gab ein paar Tracks von seinem neuen Album zum Besten, ließ aber natürlich auch die alten Songs nicht weg. Auf der Mainstage legten I Am Jerry los und lieferten auch gut ab! Der Park war noch nicht richtig voll, aber der Publikumszuwachs vor den Bühnen wuchs stetig. Bei den 275ers dann waren alle auf Betriebstemperatur und tanzten wild. Das Schönste am Westfalenpark ist, dass man sich an die Anhöhen setzen kann, wenn man nur mal eben der Band lauschen oder sich vom rumhüpfen erholen möchte, sodass auf der Anhöhe auch Picknickdecken und faulenzende Festivalbesucher_innen noch gut dem Konzert folgen können. Der Höhepunkt des Freitags war natürlich Deichkind, die sich bereits vor einigen Jahren die Ehre gaben und somit hohe Erwartungen zu erfüllen hatten – und das haben sie auch geschafft. Sie brachten die Menge zum Ausrasten, fuhren mit ihrem Fass durch die Menge und legten eine beeindruckende Bühnenshow hin. Und so konnte man ausgelassen in die erste Festivalnacht hineintanzen.
Nach dem Konzert ging es leider ein wenig hektisch her, da viele noch weiterfeiern wollten, dies aber nicht konnten, da auf dem Gelände die meisten Veranstaltungen vorbei waren, sowie die Getränkestände geschlossen hatten. Auch gut, dann ist man wenigstens für den Samstag ausgeschlafen.
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„Mehr schubsen, mehr trinken!“
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Der Samstag hatte nämlich außer perfektem Festivalwetter auch einige Kracher zu bieten: am frühen Nachmittag legten die Irie Revoltés direkt los und haben wie erwartet die Leute mitgerissen. Schon frühere Festivalauftritte der Band haben mich komplett vom Hocker gehauen, da sie es einfach verstehen Stimmung zu machen und zu halten. Bei Annenmaykantereit konnte man dann so gut wie alle Festivalbesucher_innen auf einem Flecken sehen. Vor der Mainstage war kein Durchkommen mehr. Die Livequalitäten sind nicht zu bestreiten, ist und bleibt aber nicht mein persönlicher Geschmack, weswegen ich mich davon schlich, um andere Bands anzuschauen. Mit viel Mühe habe ich es geschafft, mich durch die Menschenmasse durchzukämpfen und gönnte mir die fantastische Rockband Who Killed Bruce Lee aus Beirut. Letzten Winter hatte ich bereits das Vergnügen und kann sagen, dass sie auch vor knapp 30 Zuschauer_innen noch gute Laune hatten. Das bewiesen sie beim Juicy Beats und heizten trotzdem ein, sodass sogar ein kleiner Moshpit entstand. Auch Genetikk und Motrip haben überzeugt, wenn auch erst mit ein paar Freestyle-Einlagen und Klassikern. Feine Sahne Fischfilet kamen direkt mit Freibier aus Dosen daher und munterten so die Fans auf: „mehr schubsen, mehr trinken!“ Wie gesagt, so getan, die Leute hatten Bock und machten mit.
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Hermunstreunern und Entdecken
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Da das Festivalgelände so kompakt ist, kann man zwischendurch immer wieder gut an den Bühnen vorbei schlendern und einfach stehen bleiben, wo es gefällt. Manchmal verläuft man sich auch schlichtweg, da die Karten zumindest sehr unübersichtlich sind. Wenn man aber mal 2-3 Runden gedreht hat, findet man schnell wieder dort hin, wo man eigentlich hinwollte. So bin ich auch einmal bei dem Auftritt von Blondage hängengeblieben und hab mich dort ein wenig rumgetrieben. Obwohl die Soundqualität nicht die beste war, gefielen die Songs trotzdem und machten Lust auf Tanzen. Ebenso passiert beim Robot Orchestra, wo ich mich gewissermaßen hinverirrt hatte und dann doch eine Menge Spaß hatte. Und so geht man am Ende doch wieder mit Neuentdeckungen nach Hause.
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Luxusproblem: zu viel Auswahl
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Ein wenig unglücklich war der Timetable am Samstag dann aber doch gewählt, da großartige Bands wie Wanda, Fritz Kalkbrenner, Großstadtgeflüster und Razz sich größtenteils überschnitten. Aber die Wege sind kurz und konnte man sich von der tollen Kalkbrenner-Show (inkl. Rauch, Lichtspiele und Luftschlangen) losreißen, sowie durch die tanzende Masse kämpfen, konnte man beobachten, wie bei Wanda alle ausrasten. Tanzende Menschen, fliegende Bierbecher, singende Fans, es war alles dabei. Das hat unglaublich viel Spaß gemacht und es war schwer, sich hier wieder loszulösen, um noch schnell ein bisschen vom Auftritt von Razz zu sehen. Die junge Band hatte natürlich bei der Zuschauerzahl wegen des ungünstig gelegenen Slots denkbar schlechte Karten, aber es fanden sich doch recht zahlreich die Zuschauer_innen ein. Die Songs vom Debütalbum kommen live richtig gut und die Stimme haute mich auch um. Danach noch schnell zu Großstadtgeflüster, aber hier hat es zeitlich leider nicht hingehauen, obwohl man sich ein wenig abhetzen musste. War dann aber auch nicht schlimm, denn danach legten dann noch einige echt gute DJs auf. Auch hier konnte man sich über die diversen Floors auf dem Festivalgelände einfach treiben lassen, ohne groß zu planen, denn das Angebot war riesig. Trotz recht mitelmäßigem Konzert am Freitag, konnte Der Wolf seiner Heimat doch noch richtig einheizen, denn er legte auch auf und haute einen HipHop-Klassiker nach dem anderen raus. Auch Manuel Tur und Kant ließen es zum Abschluss auch nochmal krachen.
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Tuk Tuk Beats
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Sehr liebevoll gestaltet war auch der „Tuk Tuk Movin Disko Floor“: ein Tuk Tuk mit DJ, der sich von einem Ort zum nächsten bewegt und dort ein wenig verweilt. Das hat nicht nur Spaß gemacht mitzuziehen, sondern wurde auch tanzbegeistert aufgenommen. Durch den großen Park konnte er sich weit genug von den Bühnen positionieren, sodass die Musik nie „gestört“ hat.
Auf bald Juicy Beats!
Wie jedes Jahr hat es großen Spaß gemacht, durch den Westfalenpark zu schlendern und auch musikalisch wurden wir nicht enttäuscht. Die ausgelassene Atmosphäre, die weitläufigen Wiesen zum Chillen und die perfekte Mischung zwischen Mainstream und Indie haben großen Spaß gemacht.
Übrigens kann man ab jetzt schon Tickets für das nächste Jahr holen: 28. + 29. Juli 2017 – Safe The Date!
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