Review: Immergut Festival mit Maxïmo Park, LUH., Get Well Soon uvm.

Immergut 2016 Festival Bericht Inken Petersen MUSIKMUSSMIT
  • Beitrags-Autor:
  • Beitrag zuletzt geändert am:2. November 2018
  • Beitrags-Kategorie:Festivals / Musik
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare
  • Lesedauer:13 min Lesezeit

Immer bunt, immer originell, immer grün – Immer gut

***

Fotos und Text: Inken Petersen

Besser später als nie möchte ich Euch nun vom immer guten Immergut Festival berichten, welches diesjährig unter dem Motto „Fahrt ins Grüne“ stand und das 16. infolge zelebrierte Festival in Neustrelitz zwischen Kühen, Seen und Wäldern war. Eine Empfehlung gab es schon in unserer Festivalübersicht.

Das Immergut ist eines der ersten Festivals im Kalender und eröffnete auch in diesem Jahr wieder ehrenwürdig meine Festivalsaison. Das kleine, aber feine Fest findet in jedem Jahr am letzten Maiwochenende von Donnerstag bis Sonntag statt. Allerdings wird der Donnerstag mit einer Veranstaltung außerhalb vom Gelände, im Großen Haus in Neustrelitz, eröffnet. Man braucht dafür also ein Extra-Ticket. Das Konzertgelände inklusive Bands, Merch, Basteleien und Futterständen auf dem Festivalgelände kann man also am Freitag und am Samstag begutachten. Von Donnerstag bis Sonntag können die Zelte aufgeschlagen werden und donnerstags kann man, mit ein bisschen Glück, auch die eine oder andere Zeltparty ausfindig machen. Wie auch in diesem Jahr…

***

Der Donnerstag – Anreise und Zeltpartys

***

Am Donnerstagnachmittag machten wir uns von Berlin auf den Weg und suchten uns ein Plätzchen auf dem schon ziemlich gut besuchten Zeltplatz und rammten unsere Heringe an der Kreuzung „Tannenhof – Kirschallee – Schlossstraße“ in den Boden. Nun ging es erstmal zum Einkaufen nach Neustrelitz. Dies ist mit der uralten Bimmelbahn möglich, in welcher noch eine Verwarnung zu begutachten ist, auf welcher man darauf hingewiesen wird, dass das Schwarzfahren mit einer Strafe von 60 DM geahndet wird. Ohnehin nahmen wir für den ersten großen Einkauf das Auto. In 5 Minuten waren wir beim Kaufland und besorgten uns die köstlichsten Speisen von den guten 5-Minuten-Terrinen bis hin zum billigsten Gin. Alles an Bord, machten wir uns auf den Weg eine letzte warme, deliziöse Mahlzeit zu uns zu nehmen. Was so viel heißen soll wie: Döner, Chinaimbiss, Burger…irgendetwas Geiles vor dem ganzen Tütenkram. Neustrelitz machte uns einen Strich durch die Rechnung. Ab 21 oder 22 Uhr ist hier auch die letzte Dönerbude geschlossen und es war bereits 22:20 Uhr. Mit leerem Magen und einer etwas getrübten Stimmung ging es wieder zum Zeltplatz und zu unseren nun dazugestoßenen Leuten, welche die Stimmung jedoch etwas heben konnten (die dann verzehrte 5-Minuten-Terrine gab aber auch ihr Bestmöglichstes). Natürlich wollten wir noch durch die Straßen des Zeltplatzes ziehen und die beste Zelt- oder Pavillonparty aufsuchen, von welchen es ungefähr vier gab. Leider konnte uns keine so ganz überzeugen und so zogen wir von A nach B und ließen die Zeit verstreichen. Zum Ende blieben und tanzten wir doch noch ein halbes Stündchen unter dem einen Pavillon und gegen 3 Uhr mummelten wir uns in die Schlafsäcke ein.

***

Der Freitag – Britney Spears Cover, Love und Gepöbel

***

Isolation Berlin Immergut 2016 Festival Bericht Inken Petersen MUSIKMUSSMIT
Isolation Berlin

Viel zu früh wurde ich von der Wärme und nervigen Menschen geweckt, die ihre Musik schon um 8 Uhr morgens volle Kanne aufdrehen müssen, nur weil sie scheinbar selber nicht mehr schlafen können. Wenn dann müssen natürlich alle von ihrem schlechten Geschmack zehren.  15:25 Uhr sollte das Programm starten. Was macht man mit so viel übriger Zeit? Frühstücken und noch mal in die Stadt fahren. Diesmal mit der Bimmelbahn. Offensichtlich hatten nicht viele diese glänzende Idee, denn wir waren die Einzigen im letzten Waggon. Da wir unseren Kochtopf vergessen hatten und deswegen das ganze Festival zu scheitern drohte, mussten wir sämtliche Läden Neustrelitz‘ durchlaufen. Tja, es sind nicht viele, aber wenn man hier noch Lampions, da noch Kerzen und Feuchttücher findet, kann man damit schon mal ein paar Stunden verbringen. Irgendwann fanden wir dann auch einen bezahlbaren Topf und hatten es mittlerweile 16 Uhr. Fix fuhren wir zurück, wobei fix auch übertrieben ist, denn die Bimmelbahn verkehrt nur einmal in der Stunde, was für uns „warten“ hieß. Zur Waldbühne zu Isolation Berlin schafften wir es immerhin rechtzeitig. Einige hatten sich bereits aufraffen können und eine optimistische Anzahl an Menschen stand vor der Bühne und warf den deutschen Newcomern erwartungsvolle Blicke zu.  Zum Glück war nicht alles grau, wie in ihrem gleichnamigen Song Alles Grau, sondern die Sonne wirkte sich ganz positiv auf‘s Gemüt aus. Nach Isolation Berlin überkam uns der  Hunger und wir begaben uns zum Zelt. Glücklicherweise hatten wir unseren Platz so gewählt, dass wir auch jede Band mitbekamen, selbst wenn wir flätzend auf unseren Camping-Stühlen herumlungerten, waren wir räumlich, aber nicht akustisch durch eine quietschgrüne Trennwand vom Gelände abgeschirmt. Somit hörten wir Jochen Distelmeyer, wie er Toxic von Britney Spears oder Video Games von Lana del Rey auf eine sehr angenehme Art und Weise performte.

Meine Begleitung wollte unbedingt zu LUH., die die Waldbühne bespielten und ihrem Wunsch folgte ich gerne, da ich LUH. – bestehend aus dem britischen Ehepaar Ebony Hoorn und Ellery James Roberts – nicht wirklich kannte. Und nein, ich bereue es nicht. Vorher war Ellery J. Roberts allein unterwegs und trug den Namen Wu Lyf. Lost Under Heaven (LUH.) tragen ihren Namen mit Würde, denn bei den Klängen der beiden kann man sich schon mal verlieren. Sei es, weil sie sich stimmig ergänzen und auf der Bühne umhertänzeln, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Oder weil seine Stimme so schön düster klingt und sie mit ihrer klaren hellen Stimme immer wieder ergänzt. Oder weil LUH. einfach eine zuckersüße Show darbieten, indem sie sich immer wieder Blicke zuwerfen, sei es, weil sie schauen, wann wer einsetzt oder weil sie damit die Menge in einen romantischen Zuckerschock versetzen.

Fünf Minuten später begannen Vita Bergen in der Zeltbühne. Das Zelt war ordentlich gefüllt und mein Highlight des Immerguts begann zu spielen. Vita Bergen haben ein paar Songs, die man kennen könnte, sind jedoch nicht der ultrabekannte Act in Deutschland. Aufgrund ihrer vermeintlichen Ähnlichkeit zu Bands wie Arcade Fire werden die Schweden sicher des Öfteren zu Unrecht abgetan. Das haben sie jedoch definitiv nicht nötig. Das Konzert war absolut grandios und am liebsten würde ich sie mir gleich noch einmal anschauen. Die sieben noch recht jung aussehenden Männer trugen fast alle langes Haar und hatten die Bühne mit einem Plastikraben (oder einer Plastikkrähe?!) geschmückt. Über Deko lässt sich streiten, aber irgendwie passte dieser schwarze Vogel zum Auftreten und zum Klang der Band. Geheimnisvoll, etwas düster und mit einem Schimmer an edlem Dasein. Das erste, was ich zuhause tat, war das Konzert zu rekapitulieren, indem ich das Album auf und ab hörte. Eine ganz große Nummer, die für sich steht und allemal mit größeren Bands mithalten kann.

Get Well Soon Immergut 2016 Festival Bericht Inken Petersen MUSIKMUSSMIT
Get Well Soon

Das Programm ging dank Get Well Soon straff, aber gut und teilweise schon wieder etwas düster auf der Waldbühne weiter. Jedoch war hier auch ganz viel LOOOVE zu spüren und vor allem in den großen roten Leuchtbuchstaben auf der Bühne zu lesen. Love, Melancholie und Hoffnung lag in der Luft. Sie wussten das Publikum zu unterhalten und es fielen Sprüche wie: “Wir fühlen uns alt.“, „Wir sehen aus wie ein Zivilbullenorchester, da sich unser Schlagzeuger (ich bin mir gerade nicht mehr sicher, ob es der Schlagzeuger war…) einen Schnurrbart wachsen lassen hat, wahrscheinlich aus Verzweiflung“. Letztlich war es mir dann doch ein bisschen zu wenig Action, ich musste das aber nicht – so wie einige männliche Stimmen – in negative Wortgefechte verpacken, sondern ich ging einfach etwas eher.

Eine Stunde später bekam ich meine Action, denn Tocotronic zog die Menschen förmlich an und beglückten sowohl die alten als auch die Urgesteine an Fans, indem sie die ganze Breitseite ihres Könnens und die alten Perlen und die neuen Hits wiedergaben.

Um 2 Uhr sollte Erobique auf dem Birkenhain spielen. Da ich ihn schon mal gesehen hatte, begleiteten mich gewisse Erwartungen, welche jedoch getrübt wurden, als er 10 Minuten nach 2 immer noch nicht begonnen hatte, sondern Tocotronic lauschte, die ihre Spielzeit etwas verlängerten. Scheinbar störte das den Carsten und er beantwortete Tocotronics Gesang. Wie gesagt, ich hatte etwas anderes erwartet und auch der Securitymann begab sich zu ihm und es sah so aus, als ob er ihn fragen würde, ob er nicht langsam mal loslegen wolle. Ich war nur immer genervter und so beschlossen wir, uns ins Partyzelt, also in die Zeltbühne zu begeben, wo der Boden dank des Indie Night HRO DJ-Teams und den DJs von detektor.fm ordentlich am Beben war. Hier glühten die Independent-Platten was das Zeug hielt und eine süffige, ausgelassene Stimmung herrschte im ganzen Zelt. Das war ein schöner Abschluss des Freitags und er ging noch bis in die Morgenstunden. Gegen sechs Uhr wurde auch der letzte Rest hinausgefegt und man konnte nur noch ins Zelt plumpsen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

***

Der Samstag – Gepfeife und das Mysterium um die neue Festivalhymne

***

Am Samstag hieß die erste Amtshandlung: Duschen! Eine Wartezeit von 15-20 Minuten ist ja auch relativ festival-human. Trotzdem muss ich jedes Mal aufs Neue staunen, wie die Schlange der männlichen Duschen nicht zu wachsen scheint, eher abzunehmen, obwohl man immer wieder neue Gesichter sieht. In der Mädels-Dusche ertönte der Gesang: „Urlaub, Urlaub in Italien…“ und ich fragte mich, woher ich das kannte. Auch im Laufe des Tages ertönte dieser Ruf des Öfteren und meist wurde lautstark von sämtlichen Seiten mitgemacht. 16:15 Uhr begaben wir uns zum Birkenhain und somit zu Frankie Cosmos, welche ein ganz bezauberndes Konzert darzubieten hatte. Die Sonne schien so wunderbar, sodass ein herrliches Urlaubsfeeling aufkam. Nagel & Manuel Möglich haben mich nicht vom Hocker gerissen, also ging es Richtung Futterstände. Schwere Entscheidung…Burger, Vöner, Pommes oder Pulled Pork? Das Pulled Pork gewann die Runde, leider unverdient, denn der Mann am Stand war mies gelaunt, nicht sehr gesprächig und selbst mit einem kleinen Scherz war ihm kein Lächeln zu entlocken und um das Ganze zu toppen, schmeckte das Pulled Pork nicht so genial wie im letzten Jahr auf dem MS Dockville. Ach hätte ich doch bloß den Burger genommen.

Frankie Cosmos Immergut 2016 Festival Bericht Inken Petersen MUSIKMUSSMIT
Frankie Cosmos

18:05 Uhr spielten die drei Kanadier von We Are The City und tanzten dabei um die Wette. Irgendwie wechselten sie sich an den Instrumenten und mit dem Gesang nach jedem Lied ab und steckten das Publikum mit ihrer Tanzwut gekonnt an. Die Jungs harmonieren einfach perfekt, vom ruhigeren, fröhlicherem Friends Hurt bis hin zu den etwas derberen, lauteren Tracks. Schnipo Schranke hörte ich mir lediglich vom Zelt an. Die beiden konnten mich bisher noch nicht für sich gewinnen. Dafür freute ich mich umso mehr über Drangsal, der wusste, wie man die Zeltbühne zu füllen hat. Ein Hauch aus den 80ern, dennoch erst ’93 geboren, ein bisschen Hype und eine bodenständige, zugleich auch mysteriöse Aura umgeben Drangsal. Im Anschluss spielten Peter, Björn und John auf der Waldbühne. Jeder kennt ihren Pfeif-Hit Young Folks und ganz ehrlich, ich kenne außer diesem lediglich noch den neuen Song What You Talking About? und Second Chance, welcher zu dem Titelsong von der Serie „Two Broke Girls“ wurde, aber irgendwie regt so gut wie jedes ihrer Lieder zum Pfeifen an, wenn sie es nicht sowieso schon selber tun, egal ob es um eine zweite Chance oder das Lebe Wohl Sagen geht.

LUH. Immergut 2016 Festival Bericht Inken Petersen MUSIKMUSSMIT
LUH.

0:30 Uhr betraten Maximo Park die Waldbühne und feuerten ihre Klassiker durch die Luft, sodass auch der Letzte nicht mehr still stehen konnte. Weitere Klassiker bescherten uns Karrera Klub und das What Difference Does It Make? DJ-Team in der zu platzen scheinenden Zeltbühne. Auch DJ Phono war gut besucht, uns trieb es jedoch wieder ins Partyzelt. Wie sich herausstellte, wurde der SingSang: „Urlaub, Urlaub in Italien“ zur Immergut-Hymne 2016 und stammte von Erobique, der von seinem Familienurlaub ’86 erzählte, nachdem er genug rüber zu Tocotronic gepöbelt hatte. Hier geht´s zur besagten Hymne.

Alles in allem war es wieder ein stimmiges, zauberhaftes Immergut mit großartigem Wetter, Musikneuentdeckungen, einer lauschigen Atmosphäre und übermüdeten, aber gutgelaunten Menschen. Und ja, mir ging es vordergründig um die Musik und die Leute, auch wenn ich hier ziemlich oft vom Essen schreibe.

Inken

Ich zeichne und gestalte gerne Dinge & Räume um, stöbere gerne rum, sei es in der Natur, Städten, auf Flohmärkten oder in Gesprächen. Außer Musik mag ich unter anderem Katzen, Kunst und Knuspermüsli. Ich höre Musik von Foals, Cage the Elephant, Abby, Django Django, Life in Film, Kurt Vile, Tame Impala, Balthazar, Say Yes Dog, Acollective, Xul Zolar, Talking to Turtles, Martin Kohlstedt, Talisco, Charity Children, Kasabian, Beatsteaks, Chet Faker, Deerhunter, Bonaparte, uvm.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.