Illustration: Jakuffo, Text: Antonia
Seit 2007 – bisher 85 Episoden in 7 Staffeln.
Mit: Jon Hamm, Elisabeth Moss, Christina Hendricks, January Jones, John Slattery, uvm.
Meine Sozialisierung mit dem Medium Fernsehen begann neben dem einschlägigen Kinderprogramm mit Wiederholungen von Filmen aus den 60ern. Sie schienen meinen Eltern im Vergleich zu der ohnehin noch harmlosen Fernsehlandschaft der 80er das kleinste Übel zu sein. Ob sie damit richtig lagen, das sei dahingestellt…Zumindest schwelgten meine Schwestern und ich in den fröhlichen Welten, die uns Cary Grant, Rock Hudson und allen voran natürlich die unvergessliche Doris Day in Filmen wie „Spion in Spitzenhöschen“, „Ein Pyjama für zwei“ oder „Bettgeflüster“ da zeigten (weit gefehlt, wer meint, dass die schon fast frivol klingenden Titel auf einen pikanten Inhalt schließen lassen). Derart abgerichtet war ich natürlich außer mir vor Glück, als ich die liebgewonnene Ästhetik dieser Filme in der AMC Serie Mad Men wiederfand.
Sie spielt im New York der 60er Jahre in der fiktiven Werbeagentur Sterling Cooper und dreht sich zu Anfang hauptsächlich um die Person Don Draper (optisch der Cary Grant unserer Tage! Gespielt von Jon Hamm) und wie er in der konkurrenzreichen Werbebranche Karriere macht. Auch wer keine ausgeprägte Schwäche für die durchtriebenen Mechanismen der Werbung hat, wird gut unterhalten sein, wenn er einen Blick hinter die Kulissen von Werbekampagnen von allseits bekannten Marken wie Lucky Strike, Heineken, Smirnoff etc. bekommt. Ich fand es ausgesprochen spannend!
Obwohl Don Drapers Arbeits- und Privatleben Dreh- und Angelpunkt der Serie sind, rücken nach und nach aber auch andere Charaktere in den Blickwinkel. Ich habe mein Herz schon früh an Peggy Olson, gespielt von Elisabeth Moss, verloren. Sie beginnt als Sekretärin Don Drapers und arbeitet sich im Lauf der Serie zur Werbetexterin hoch. Anfangs noch schüchtern und zurückhaltend, entwickelt sie sich zu einem ernstzunehmenden Mitglied der männerdominierten Werbeagentur – im Rahmen der Möglichkeiten, die einer Frau in der damaligen Zeit gegeben waren. Und so fühlt man mit ihr die ohnmächtige Frustration, wenn sie an die Grenzen dieser Möglichkeiten stößt und triumphiert mit ihr, wenn sie sie durchbricht. Ähnlich verhält es sich mit Joan Harris (Roger nennt sie liebevoll „das Schiff“), der Chefsekretärin der Agentur, gespielt von der in ihrer Rolle atemberaubenden Christina Hendricks. Als Königin des Büros hat sie ein Auge auf alle Vorgänge und Intrigen und schafft es auf kluge Weise, sich zu einem unentbehrlichen Mitglied der Agentur zu machen. Wie bei Peggy ist auch ihr Weg steinig, umso befriedigender ist es, sie immer wieder ihre Ziele erreichen zu sehen!
Was ich an Mad Men aber am faszinierendsten finde ist die Ausstattung. Und dank meiner umfangreichen Kenntnisse des filmischen Schaffens der anfangs bereits erwähnten Doris Day, darf ich mich – ohne prahlen zu wollen – als Expertin auf diesem Gebiet bezeichnen. Es ist grandios, wie die Macher_innen der Serie die Mode und den Einrichtungsstil der 60er Jahre nachempfunden haben. Auch der Zeitgeist ist hervorragend widergespiegelt, mag der aus Sicht einer Frau auch oft frustrierend sein. Und wer vorher Alkohol und Zigaretten für Teufelszeug hielt, wird sich dabei ertappen, wie er oder sie kettenrauchend und am Whiskey Glas nippend der nächsten Folge entgegenfiebert. Suchte ich also den (heuchlerischen?) Frohsinn und die launigen Gesangseinlagen meiner Doris Day Filme vergebens, so fand ich doch facettenreiche Charaktere, die man, wie bei jeder guten Serie, lieben oder hassen lernt, eine fesselnden Handlung und natürlich die fantastische Ausstattung.
Zum Schluss empfehle ich zur Weiterbildung aber trotzdem noch ein Original: Die Liebeskomödie „Ein Pyjama für zwei“ mit Doris Day und Rock Hudson von 1961. Sie spielt ebenfalls im Werbemilieu, und auch wenn Doris mit ihrem etwas hausbackenen Charme bei weitem nicht an eine Joan herankommt und der Film aus heutiger Sicht ein wenig albern und naiv daherkommt, hat er zweifellos hohen Unterhaltungswert und erwärmt immer wieder mein Herz!
Wer die nächsten knapp zwei Stunden nichts zu tun hat, kann ihn sich hier – leider nur in deutscher Fassung – in voller Länge ansehen:
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Um dem Artikel noch eine musikalische Wendung zu geben, habe ich mein Musikarchiv nach Liedern durchforstet, die besonders in Hinsicht auf das Frauenbild exemplarisch für die 60er stehen. Die Idee war gut, aber nicht ganz so originell wie ich es in der Selbstherrlichkeit der 60s-affinen Musikfreundin angenommen habe. Es war gar nicht so einfach, sich nicht vollständig am Mad Men Soundtrack zu bedienen, der hier verständlicherweise schon gute Arbeit geleistet hat. Es möge mir also verziehen sein, wenn es die ein oder andere Überschneidung gibt. Musikalisch gibt es meiner Meinung nach bei keinem der Lieder etwas auszusetzen – ich liebe die Musik der 60er! Gefällige Melodien und oft und gerne Streicher_innen und Bläser_innen, die jedem noch so simplen Song das gewisse Etwas verleihen. Auch was die folgenden Songs betrifft, gebe ich offen zu, dass ich dem Bedürfnis arglos einzustimmen selten widerstehen kann. Sie entbehren nicht einer gewissen Komik, aber man muss bei Gott keine hartgesottene Feministin sein, um bei den Texten mächtig zu würgen – zumindest innerlich, ansonsten fällt das Mitsingen schwer. Das fast tragische an Songs dieser Gattung ist, dass sie nicht selten von Frauen gesungen oder gecovert wurden. Hier kommt eine kleine aber feine Liste von Songs, die, wie ich finde, den Zeitgeist der 60er in Bezug auf Frauen ganz treffend widerspiegelt.
Exkurs in die Untiefen frauenfeindlicher Melodien
Wir beginnen unsere kleine musikalische Exkursion in die Untiefen frauenfeindlicher Melodien mit “Sixteen Going On Seventeen” aus dem unsäglichen Musical “The Sound Of Music”. Die Verfilmung des Musicals, aus dem auch der folgende Clip ist, gilt heute noch als einer der meistgesehenen Filme, worüber man getrost den Kopf schütteln kann und sich, speziell in Bezug auf „Sixteen Going On Seventeen“, sämtliche darauf befindlichen Haare raufen möchte. So hören wir hier nämlich einen 17jährigen Knilch, der vor Selbstbewusstsein strotzend, einer 16jährigen auf widerwärtig altkluge und überhebliche Weise (gern mit altmännerhaft erhobenem Zeigefinger) die Welt erklärt. Er mahnt und warnt vor der Ungemach, die diese (besonders in Form von Männern) für ein naives, junges Ding bereit hält. Zum Glück gibt es ihn, der lebensklug und selbstlos seine Fürsorge anbietet. Die Tatsache, dass die Besungene zu guter Letzt selbst noch einstimmt, macht es umso schlimmer:
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Kaum ist das Lied des klugscheißerischen Bürschchens verklungen, meldet sich Doris Day zu Wort um die wohlfeile Weisheit, dass das wahre Glück der Frau in der Heirat liegt, zu verkünden. Doch dafür gilt es erstmal die Ellbogen auszufahren und sich im Pulk der anderen alleinstehenden Frauen, die beim Fangen des Brautstraußes gierig die Arme ausstrecken, zu behaupten! Im ¾ Takt gehalten, um sich innerlich schon mal auf den Hochzeitswalzer vorzubereiten, hören wir „Catch The Bouquet“ (“…unless she is happily married, no girl can ignore my advice…“).
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So, der Brautstrauß ist da. Aber nun ist guter Rat teuer. Gut, dass es Dusty Springfield gibt, die in „Wishin‘ And Hopin‘“ selbigen auf Lager hat. „Show him that you care just for him, do the things he likes to do, wear your hair just for him, ‚cause you won’t get him, thinkin‘ and a-prayin‘ wishin‘ and hopin’…” Nichts für ungut, Dusty, sieht man sich den Clip an, solltest Du die Sache mit den Haaren nochmal überdenken…
Nachdem die Frisur sitzt, hat es auch endlich mit dem Mann geklappt. Doch Obacht! Wer glaubt sich nun zurücklehnen zu können, um in der Glückseligkeit des Ehelebens zu schwelgen, irrt sich gewaltig. Ein bisschen bemühen muss man sich ja doch. Dank Burt Bacharachs und Hal Davids „Wives And Lovers“ gibt es aber eine musikalische Warnung inklusive Rat für die, die es sich allzu selbstzufrieden im Dasein als Ehefrau bequem machen wollen („Don’t think because there’s a ring on your finger, you needn’t try any more.“). An dieses Lied wird wohl am häufigsten im Zusammenhang mit Mad Men gedacht – und da geht sie, die Originalität – aber es darf in der Liste dennoch nicht fehlen. Aus heutiger Sicht lässt einen der gesamte Text mauloffen dasitzen, umso schlimmer ist es, dass das Lied auch von fantastischen Sängerinnen wie Julie London (der wir gleich noch begegnen werden) oder Ella Fitzgerald gesungen wurde. Ich habe hier die Version von Jack Jones gewählt, allein deshalb, weil sich jemand die Mühe gemacht hat, einen hübschen kleinen Clip inklusive Mad Men Bildern zu machen. Meine persönliche Lieblingsversion (ja, ich habe eine und schäme mich nicht es zuzugeben) ist von Andy Williams.
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Hier ist noch eine Version aus der Julie Garland Show und da haben wir auch den erhobenen Zeigefinger wieder:
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Wie wir gerade gelernt haben, ist der Ehemann den ganzen Tag im Büro. Was macht die Ehefrau also, wenn sie nicht gerade eifrig damit beschäftigt ist, den Haushalt zu schmeißen und blendend auszusehen? Richtig, sie tratscht mit Freundinnen, die ihr Los teilen. Es ist wohl keine Überraschung, dass man Tiefgang in diesen Gesprächen vergeblich suchen wird, schließlich sind es „inconsequential things that men don’t really care to know“ wie die „the ups and downs of all our friends, the who, the how, the why – we dish the dirt, it never ends…”. Hier ist also Julie London mit “Girl Talk”:
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Den Abschluss dieser Liste macht Nancy Kwan, die mit „I Enjoy Being A Girl“ selbst der halbherzigsten Feministin nicht nur in den Rücken fällt, sondern ihr gleich ein Messer in selbigen rammt. Denn glaubt man diesem schmissigen kleinen Liedchen, ist bei Licht betrachtet das ganze Dasein einer Frau, Entschuldigung, eines Mädchens, in den 60ern ja doch eine feine Sache. “I flip when a fellow sends me flowers, I drool over dresses made of lace, I talk on the telephone for hours, with a pound and a half of cream upon my face! I’m strictly a female female. And my future I hope will be, in the home of a brave and free male, who’ll enjoy being a guy having a girl… like… me. “. Enjoy!
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