Nach dem Festival ist vor dem Festival
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Dieses Sprichwort – wenn es denn eins ist – trifft glücklicher Weise zu. Denn fest steht schon heute, dass wir im nächsten Jahr mit einer Wiederholung rechnen dürfen: am 10. + 11. September 2016 wird das Lollapalooza wieder in Berlin gastieren. Das gefällt mir, hat mich doch schließlich jüngst das Berlin Festival enttäuscht. Daran war nicht nur der Umzug in den Arena Park schuld. Darum soll es jetzt aber nicht gehen – vielmehr möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass ein wunderbares Festival in Berlin „eingezogen“ ist, das mit einem feinen Line-Up auftrumpfte. Vieles verlief reibungslos, vieles, aber eben nicht alles.
Schlangen, überall Schlangen
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Mit uns strömten Samstag Nachmittag so viele Menschen gleichzeitig auf das Gelände, dass es kaum vorstellbar war, zügig vor einer der Bühnen zu stehen. War aber so, ruckizucki standen wir vor der Einlasskontrolle. Da einige von uns ihr Ticket personalisiert hatten, mussten wir uns ausweisen. Als uns das bewusst wurde, mussten wir erstmal kurz schlucken und schwitzen, da wir natürlich nur mit dem Nötigsten losmarschiert sind und dazu gehört ganz sicher nicht der Perso. Oder ein Portemonnaie – schließlich sollte doch alles „ganz cashless“ sein. Dank netter Worte unsererseits und einer rudimentären „Ausweisung“ mit Handy und EC-Karte ließ uns die Dame durch. Nachdem wir nun also einen recht langen, mühsamen und nervenaufreibenden Fußmarsch hinter uns hatten, ging es erst einmal zu den Toiletten. Noch war die Wartezeit davor in Ordnung, das sollte sich aber im Laufe des Abends drastisch ändern. Bis zu 30 Minuten Wartezeit musste man für´s „Bier wegbringen“ rechnen, wenn nicht gerade die Pumpe ausfiel und es gar nicht vorwärts ging.
„Ich geh mal eben“ gibt´s nicht
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Gleiches Bild bot sich an den Imbiss-Ständen. Normaleise zählen Pommes, Currwurst, Döner oder Pizza zum Fast-Food, aber nicht am Samstag beim Lollapalooza. Diese Umstände machten das komplette Zeitmanagement sehr schwierig – wer einen relativ zentralen Platz vor der Bühne haben wollte, wo seine/ihre Lieblingsband im Begriff war, aufzutreten, sollte 1. sich vorher nicht in eine der o.g. Schlangen stellen, 2. auf gar keinen Fall vorheriges Konzert bis zum Ende ansehen, die Übergänge waren meist nahtlos und 3. nicht trödeln.
Lolla entschuldigte sich beim Publikum für die unhaltbare Toilettensituation und gelobte Verbesserung. Gesagt, getan, am Sonntag waren die endlosen Schlangen tatsächlich verschwunden. Zügig an Getränke zu kommen war die ganze Zeit über kein Problem, das war super. Was allerdings nicht so super war, waren die stolzen Preise. Cola 4 Euro, Bier 4,50 oder Currywurst/Pommes 7 Euro – da frage ich mich, wo wir in ein paar Jahren stehen. Angesichts der Tatsache, dass man mehr als 30 Minuten für besagtes Essen anstehen musste und nicht mal eine Banane mit auf das Gelände bringen durfte, darf man sich da schon mal kurz aufregen.
Laut, bunt und sonnig / Highlights
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Beide Tage lachte die Sonne, herrlich. Im Gegensatz zum Berlin Festival standen bis auf Perry´s Stage alle Bühnen unter freiem Himmel. Mächtig und pompös erstrahlten sie besonders in der Dunkelheit.
Mein absolutes Highlight war Deichkind. Oder sollte man sagen: die Deichkinder? Nicht immer war ich Fan von ihnen, schon gar nicht von den drei Alben, die zwischen 2006 und 2012 erschienen sind. Gassenhauer hin oder her, auf die Show war ich dennoch extrem gespannt. Meine Erwartungen, wenn ich denn welche hatte, wurden nicht enttäuscht. Die komplette Show war ein einziger Zirkus, gespielt wurde ein ebenso bunter Mix quer durch ihre Werke. Langweilig wurde es nie. Bei „Roll das Fass rein“ standen alle Kopf, rollte das Fass samt Statement „Refugees Welcome“ durch die Menge. Die Show sollte so schnell kein Ende finden – dachte man, nun ist es vorbei, setzten sie noch einen obendrauf.
Richtig, richtig, richtig laut wurde es am Sonntag bei den Beatsteaks. Das stellte sogar der „Hip Hopper“ auf der Kids-Bühne fest (ja, ich schaute auch dort einmal vorbei), der kaum gegen das Getöse ankam. Ich verschwand bevor das Konzert zuende war, wie ich aber hörte, wurde noch fleißig gehüpft, geklatscht und Ringelreih´ getanzt. Seeed hatte ich auch noch nie live gesehen, sie lieferten solide ab würde ich mal sagen, ohne große Höhepunkte. So hatte ich mir den Auftritt vorgestellt und da ich, welch´ Überraschung, die Toilette aufsuchen musste, sah ich mir die letzten Tanzeinlagen von weit hinten an. Beim Headliner Muse wurde es dann extrem dramatisch. Auch hier hatte ich eigentlich nichts anderes erwartet, ist diese Band für mich (neben Archive) Inbegriff der Dramatik. Es regnete Lametta und es flogen Riesenbälle und bevor sich tausende Menschen Richtung Ausgang bewegten, zogen wir glücklich über das Tempelhofer Feld zurück nach Hause. Noch heute tut mir wirklich alles weh, aber diese Schmerzen nehme ich gerne in Kauf.
Fotowettbewerb
Ihr habt Fotos von Euren Highlights gemacht? Dann macht doch bei unserem Fotowettbewerb mit – bis zum 15. September 2015 könnt Ihr Eure Bilder bei uns einreichen.
Weitere Meinungen und Bilder findet Ihr zum Beispiel hier: Intro („Mit Kopfsprung in den Mainstream“) // rbb („Das Festival der langen Schlangen“) // Tagesspiegel („Leider ungeil“) // Morgenpost („Tempelhof rockt“) // Musikexpress.