Text und Foto: Angela Beyer | Beitragsbild und Video: Stephan Noë
Es war mal wieder Zeit für einen Hausbesuch und da ein solcher immer relativ viel Zeit in Anspruch nimmt, werden die Bands bzw. Musiker_innen vorab mit scharfem Gehör überprüft. Die Nadel unseres Soundomats schlug im Fall ZUSTRA beim Anhören der Singles „The Words“ und „Make Sense“ an- bzw. aus, so dass klar war: Ariana Zustra und ihr Musikprojekt ZUSTRA wollten wir uns nicht entgehen lassen.
So machte es an einem sonnigen Nachmittag im März in einer (für uns) nicht ganz einfach aufzuspürenden (und picobello aufgeräumten!) Wohnung im schönen Friedrichshain Ding Dong und Stephan und ich wurden von Ariana und Danny in Empfang genommen. Wir wurden mit leckerem Kräutertee versorgt, ich machte es mir auf dem Bett bequem und schaute genüsslich dem Stöpselein-Stöpselaus-Schiebhin-Schiebher-Treiben zu. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Stephan endlich alle Kabel enttütelt und der Kamera das perfekte weiß serviert, so dass wir endlich loslegen konnten. Ihr müsst wissen: im Laufe der Zeit hat Stephan sich immer mehr Zeug angeschafft, um auf jede erdenkliche Situation mit Licht, Kabel, Kamera und Mikrophon reagieren zu können. Nun musste ich es mir in einem Sessel bequem machen, da ihr sonst in den Genuss meiner Happy Socks gekommen wärt und lauschte der minimalistisch angelegten Session zu „The Words“. Das Ergebnis seht ihr wie immer weiter unten im Artikel.
Ariana Zustra wird sich und ihr Projekt zwar gleich selbst vorstellen, aber lasst mich vorab noch einige einführende Worte über die (Musik-)Journalistin und Musikerin platzieren. Ariana, die in Kroatien geboren wurde, einige Zeit ihres Lebens im Süden Deutschlands verbrachte und nun in Berlin zu Hause ist, produziert gemeinsam mit dem „Mann für Knöpfe, Regler und Tasten“ aka Danny geschmeidigen Dream-Pop, der eben verträumt und nicht immer fröhlich ist. Um es in den Worten von Poule d’Or, einem Blog, und mit vollster Zustimmung Arianas zu sagen: dark dream pop that develops into a full blown James Bond theme.
Ihr schon etwas älterer Song „Back to Dark“ ist im Kurzfilm von Knallrot Filme „Die Liebenden im U“ zu hören, ihre Single „The Words“ hat den Weg in die Playlist „Female Music Force“ gefunden und das Feel Festival holt ZUSTRA in diesem Jahr ins Line Up. Wir drücken die Daumen, dass es noch weitere Konzertbestätigungen und neue Musik geben wird.
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Interview mit Ariana Zustra
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Stell dich unseren Leser_innen doch kurz vor: wer bist du und was hat dich nach Berlin verschlagen?
Ich bin Ariana, 31 und Journalistin. Ich wurde in Dubrovnik in Kroatien geboren und bin mit vier Jahren, als in meiner Heimat Krieg ausgebrochen ist, mit meiner Familie nach Deutschland gekommen und am Bodensee aufgewachsen. Anfang 2014 bin ich nach Berlin gezogen, um für den Rolling Stone zu arbeiten, weil ich meinen Beruf mit meiner Leidenschaft Musik verbinden wollte.
Deine Musik in drei Worten oder einem Satz.
“Dark dream pop that develops into a full blown James Bond theme“ – so hat der Blog Poule d’Or meine Musik beschrieben und es damit wirklich schön getroffen, wie ich finde.
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Erzähle uns ein bisschen über deinen beruflichen Werdegang. Wie kommt es z.B., dass du dich für ein Studium der Kulturwissenschaft und Soziologie und nicht für ein musikwissenschaftliches Studium entschieden hast? Bereust du diese Entscheidung?
Geisteswissenschaften interessieren mich, daher war es naheliegend, mich für dieses Studium zu entscheiden. Niemals wäre ich überhaupt auf die Idee gekommen, dass Musik auch ein beruflicher Weg sein kann, denn man einschlagen kann. Das erschien mir wie ein Traum. Wenn eine Fluchterfahrung die eigene Biografie markiert, lernt man, dass das Wichtigste ist, stets in Sicherheit zu leben – eine künstlerische Laufbahn wirkt da wie eine Flause. Ich bereue nicht, was ich gelernt habe, im Gegenteil, dafür bin ich dankbar. Aber hätte ich die Möglichkeit gehabt, Musik zu studieren, würde ich mich unermesslich glücklich schätzen.
Wie kamst du zur Musik? Genauer gesagt: wann hast du gemerkt, dass es ein Bedürfnis gibt, Songs zu schreiben?
Meine Familie liebt Musik, ständig lief irgendwo eine Platte oder das Radio. Mit fünf bekam ich ein Keyboard geschenkt und habe darauf Melodien nachgespielt und immer allein vor mich hin gesungen. Als ich mit neun bei meiner Oma im Keller die alte Gitarre meines Opas gefunden habe, brachte ich mir das Spielen bei. Es war, als hätte ich ein Medium gefunden. Mit neun schrieb ich auch mein erstes Lied: Es handelte davon, das im Leben nicht immer alles Spaß machen kann. Ein Lied ist für mich ein Gedanke oder Gefühl, das in eine Melodie umgewandelt wird und so von Innen nach Außen gelangen kann. Das Bedürfnis, ein Lied zu schreiben ist für mich vergleichbar mit dem Bedürfnis, mit einem anderen Menschen zu sprechen. Es ist immer ein Kommunizieren.
Auf welches Instrument greifst du am liebsten zurück, um Songstrukturen zu entwickeln und warum ist es ausgerechnet dieses?
Beim Komponieren greife ich meistens zu der Gitarre, die ich seit meiner Kindheit habe. Es ist das Instrument, das am unmittelbarsten meine Ideen transportieren kann. Und auch einfach das Instrument, das ich am besten beherrsche, und bei dem ich daher am wenigsten nachdenken muss. Bei manchen Melodien weiß ich aber auch intuitiv, dass ich sie am Keyboard festhalten muss, weil es besser passt.
Dein Name steht für das Musikprojekt ZUSTRA, aber so ganz allein bist du nicht. Welchen Part übernimmt Danny derzeit und worin liegt der Vorteil, Songs nicht komplett im Alleingang zu produzieren?
ZUSTRA bin ich. Das sind meine Gedanken, meine Melodien und Worte. Da ich aber in erster Linie Songwriter und kein Produzent bin, habe ich Danny ins Boot geholt. Er studiert an der HDPK Schlagzeug und Musikproduktion. Mit ihm zusammen wandle ich meine Arrangements am Laptop um und sein Wissen ist für mich dabei unglaublich wertvoll.
Ich weiß stets exakt, wie ich will, dass etwas klingt – Danny weiß, welche Knöpfe und Regler man dafür betätigen muss. Meistens spiele ich ihm die Melodien für alle Instrumente des Arrangements am Keyboard vor oder singe oder summe sie. Ich versuche, jeden Sound so präzise zu beschreiben, wie ich ihn in meinem Kopf höre. Neulich saßen wir zum Beispiel beim Homerecording für meine kommende Single “Oh No” und ich beschrieb Danny, dass ich einen Sound einbauen möchte, der klingt wie Glasscherben, die zusammengekehrt werden, und die dabei eine Bahn bestreiten wie diese Böller, die sich wie ein Kreisel drehen. Für Außenstehende muss das völlig ballaballa klingen. Ein paar Minuten später hatten wir genau so einen Sound!
Gab es schon Auftritte? Gibt es bei Konzerten weitere musikalische Unterstützung?
Im Dezember haben Danny, der Gitarrist Tim Nouwens und ich die Show eines ukrainischen Popsängers im Berliner Privatclub mit vier Songs eröffnet. Für weitere Auftritte suche ich auf lange Sicht einen Bassisten und/oder Keyboarder. Im Sommer spielen wir zwei Festivals, die Termine darf ich in den kommenden Wochen verraten!
Auf Spotify sind zwei Songs verfügbar („The Words“ und „Make Sense“), auf Soundcloud sind auch noch ältere Lieder zu hören. Wie und wann ist beispielsweise „Disappair“ oder „Back To Dark“ entstanden und stehen die Lieder auch heute noch für ZUSTRA?
“Disappair” oder “Back to Dark” entstanden während meines Studiums in Tübingen, sie sind gut sieben Jahre alt. Man könnte sagen, sie sind die Frühphase von ZUSTRA. Mit wachsender Erfahrung wächst das Bewusstsein für die eigene Arbeit. Gerade im vergangenen Jahr kristallisierte sich für mich immer klarer heraus, was der Kern und die Vision für mein Projekt sind, was mein Sound und meine Themen sind. Jeder Song ist ein Schritt dahin.
Es wird bald eine neue Single geben. Wann dürfen wir denn mit einer EP oder einem Album rechnen?
Noch arbeite ich von Song zu Song und ich freue mich schon sehr, wenn die neue Single “Oh No” im April herauskommt! Mein Ziel ist es, noch 2019 eine EP herauszubringen.
Wird es bald eine Tour oder zumindest ein Konzert in Berlin geben? Stehen Festivals an? Wenn ja, welche?
Fête de la Musique Potsdam
Deine letzte Band-Entdeckung(en)?
Am meisten höre ich Solokünstler, aber Friedberg, die neue Frauenband der österreichischen Sängerin Anna F., hat es mir mit der ersten Single “Boom” angetan. Erinnert mich an die frühen Warpaint, und das ist schon mal vielversprechend!
Gibt´s sonst noch etwas, das du/ihr uns unbedingt mitteilen möchtest?
Meine Mutter hat immer gesagt: “Denen, die am lieblosesten sind, muss man am meisten mit Liebe begegnen – denn sie brauchen es am nötigsten.”
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Live-Termine ZUSTRA 2019
05. Juni 2019: Support für Von Flocken, Auster Club Berlin
21. Juni 2019: Fête de la Musique Potsdam
11. – 15. Juli 2019: Feel Festival
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Ding Dong, weitere Hausbesuche gibt es hier.
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