Das einzigartige Jugendkulturfestival Potpourri – Interviews mit Beteiligten

Potpourri Festival Mönchengladbach im Gespräch mit Beteiligten
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  • Beitrag zuletzt geändert am:21. Oktober 2021
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Potpourri – Das Jugendkulturfestival in Mönchengladbach 2016
Text, Interviews und Bilder: Jennifer Gottstein

Mission: Jugendliche und Kultur zusammenbringen

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Das potpourri festival ist ein einzigartiges Festival in dem sonst recht ruhigen Mönchengladbach. Das relativ junge Festival ist ein Ableger des mittlerweile nicht mehr stattfindenden HORST-Festivals und hat eine ganz klare Mission: Jugendliche und Kultur zusammenzubringen. So gibt es beim potpurri Festival nicht nur einen Bandcontest für Bands aus der Region, sondern auch Kunstausstellungen, Workshops und Jam Sessions – organisiert von Jugendlichen für Jugendliche.

Um dem ganzen Konzept des Festivals noch ein wenig auf den Grund zu gehen habe ich bei meinem Besuch auch mit der Projektleiterin Ulla, sowie einem der Jugendlichen, Abilashan, und der ehemaligen HORST-Mitbegründerin und „Schirmherrin“ des potpourri, Silke, gesprochen. Dabei habe ich den Beteiligten auf den Zahn gefühlt, was das potpourri für sie als Beteiligte bedeutet, aber auch was es für die Region bedeutet und warum das Konzept so überaus wichtig ist.

 

Das einzigartige Jugendkulturfestival Potpourri – Interviews mit Beteiligten

 

Im Gespräch mit Abi

„Gladbach wird Gelb!“

Sag uns bitte erst einmal, wer du bist und was du beim potpourri Festival so machst.
Ich bin Abi und ich bin hier seit letztem Jahr mit im Team. Anfangs war ich nämlich noch Musiker und bin dann ins Team reingerutscht. Dieses Jahr bin ich seit Anfang der Vorbereitungsphase dabei. Im September haben wir angefangen uns zu treffen, da hatten wir wöchentlich Meetings, in denen wir die Themen aufbereitet und konzipiert haben und irgendwann bin ich dann auch in eine führende Position reingerutscht. Eine andere Jugendliche und ich haben die Aufgabe alles zu koordinieren in Absprache mit Ulla [Anm. d. A. Ulla, Projektleiterin; s.u.], die in Dresden ist. Das läuft dann viel über Facebook und Skype. Und jetzt nimmt alles Form an und es ist richtig cool zurückzublicken und man ist auch stolz drauf zu sehen, was man geschafft hat in knapp acht Monaten.

Was macht für dich das potpourri Festival aus? Was macht es so besonders?
Das Festival ist einfach einzigartig in der Stadt und hat mittlerweile auch schon überregional an Bedeutung gewonnen. Es zieht auch Bands aus Düsseldorf oder Neuss an, ja wir bekommen teilweise auch Bandbewerbungen aus Bayern, obwohl wir ja regionale Bands suchen. Es ist einfach spannend, man lernt viel, knüpft neue Kontakte und auch für mich selber war das auch für meine Berufswahl eine gute Vorbereitung.

Was glaubst du – wie wird das Festival von Mönchengladbach angenommen?
Die Stadt ist einer der Sponsoren, die das ganze ermöglicht und auch das Ministerium für Familie setzt sich für uns ein. Das potpourri ist das einzige Festival, das noch übrig geblieben ist hier, nachdem das HORST weggefallen ist. Ich denke, das ist schon wichtig für die kulturelle Landschaft in Gladbach.

Welche Bedeutung hat das Festival für die Jugend von Mönchengladbach? Wie reagiert die Zielgruppe auf das Angebot?
Leute, die sich wirklich mit Kultur beschäftigen, das ist ja wieder nur ein kleiner Kreis von Menschen, die wissen, dass es das gibt und man unterstützt sich gegenseitig. Da kann man viel netzwerken und supporten, ich denke das gefällt den Jugendlichen.

Wie schätzt du die Zukunft von dem Festival ein?
Das ist immer schwierig. Wir haben dieses Jahr nur zwei Personen vom Kernteam, die übrig geblieben sind vom Anfangsteam. Wir sind insgesamt 14 Leute, davon sind alle anderen Neulinge. Das coole ist aber, dass jetzt bei der Produktionsphase sogar alte Teammitglieder, die das Office machen beispielsweise, aus Hamburg oder Karlsruhe angereist sind. Nicht nur, um zu arbeiten, sondern auch für die Labelparties oder Netzwerkparties, die wir veranstaltet haben. Das ist so ein bisschen wie ein Alumni-Netzwerk, das sich entwickelt hat. Das ist schon eine kleine Familie.

Wie ist das Durschnittsalter von dem Team?
Eigentlich war es ursprünglich angedacht, dass Jugendliche U21 angesprochen werden sollten, aber wir haben das mittlerweile auf U23 aufgestockt. Aber alle sind 18, der Älteste ist 23.

Wie viel Verantwortung bekommt jeder bei der Vorbereitung und Durchführung?
Jeder hat tatsächlich seinen Bereich, für den er komplett die Verantwortung übernehmen muss. Das ist schon beachtlich, weil man das erst einmal lernen muss: Verantwortung übernehmen und Prozesse zu Ende denken und so.

Wenn du etwas in die Welt hinausschreien könntest, das alle über dieses Festival wissen sollten…
Gladbach wird Gelb![Farbe des Festivals, Anm. d. A.]

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Am Samstag fanden dann auch einige Panels statt, u.a. mit Themen wie „Flüchtlingen aktiv helfen – für junge Menschen in Mönchengladbach“ und „Genderpretender – Geschlecht, Liebe, Sex und andere Lebenslügen“. Und alle waren gut besucht. Ich habe mir das letzte Panel angeschaut, das sich mit dem ehrenamtlichen Engagement und das Musikbusiness bezog. In der Diskussionsrunde sind Vertreter aus der Musik- und Festivalbranche vertreten: Silke Müller (HORST bzw. potpourri Festival; Bookerin im SparkassenPark Mönchengladbach), Mirko Bogedaly (Haldern op Festival / Haldern Pop Recordings), Jardena Kifle (Kommunikationsmanagerin, früher u.a. Hamburg Marketing und Deluxe Music), Olver Leonards (potpourri Initiator; Projektmanager imSparkassenPark Mönchengladbach) und Nadine Beneke (freie Autorin und Redakteurin beim coolibri Magazin).

Zu dem Panel sind auch einige interessierte Jugendliche gekommen, die sich an den Diskussionen lebhaft beteiligt haben und viele Fragen zu Booking, Streamingdienste in der Musikbranche und auch Zukunftsaussichten von Festivals in Deutschland gestellt haben.

Ich hab Silke direkt nach dem Panel zur Seite genommen und mit ihr über das potpourri Festival geredet.

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Im Gespräch mit Silke

„Die machen nicht einfach nur einen Job, die machen das mit so viel Leidenschaft.“

Das war das erste Panel auf dem potpourri Festival, wieso habt ihr ein Panel gemacht?
Die Grundidee vom potpourri Festival ist ja, dass Kulturschaffende und nicht nur Musiker unterstützt werden sollen, das heißt Leute, die Bock haben was zu machen und sich zu engagieren. Da haben wir uns gedacht es wäre schön, wenn es für die Jugendlichen nochmal einen Input gibt von Leuten, die schon länger in der Musikbranche arbeiten und die sich schon länger mit dem Thema Festivals beschäftigen.

Und wer hatte die Idee zum Thema des Panels?
Wir haben uns einfach formlos in einer Kneipe getroffen und uns auf diesen Titel geeinigt, nachdem wir über alles mögliche gesprochen hatten, was uns wichtig war. Das war auch das Ziel unseres Treffens, wir wollten einen Titel und es war uns wichtig zu fragen, warum ist das kulturelle Engagement auf Festivals oder in Museen so wichtig? Was kann daraus entstehen? Mit der Frage haben wir uns sehr viel beschäftigt.

Es ist ja auch spannend für die Zielgruppe, die Jugendlichen, von solchen Erfahrungen zu hören.
Ja, auf jeden Fall. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ein solches Thema für einen 30-jährigen nicht interessant ist, aber ich glaube, diese Background-Infos aus der Musiklandschaft sind grundsätzlich interessant und es ist immer gut Aufklärungsarbeit zu leisten.

Es ist also quasi nicht nur Ziel des Panels, sondern auch der Workshops und des Rahmenprogramms vom potpourri Festival?
Ja, klar. Kulturelle Bildung einfach, um es mal ganz krass runter zu brechen. Wir haben ja auch eine Verantwortung als Veranstalter den Leuten nicht nur Bands zu präsentieren, sondern eben auch das Ganze ein wenig gehaltvoll zu gestalten. Das machen die Jugendlichen eigentlich sowieso schon, aber unsere Aufgabe als Verantwortliche ist es immer noch den letzten Schub zu geben und zu sagen: „Okay, das könnte man auch noch mal ansprechen“. Ich glaube, dass es dieses Jahr mit den Workshops und deren Themen super gelungen ist.

Was macht das potpourri Festival aus?
Besonders macht das potpourri Festival eben die Leute, die es organisieren. Das ganze Konzept, dass man sagt, man macht nicht nur einen Bandcontest und lädt Bands ein und lässt sie spielen, sondern, dass es von A bis Z von jungen Menschen gemacht wird, die Bock haben was zubewegen. Das macht so viel aus. Die machen nicht einfach nur einen Job, die machen das mit so viel Leidenschaft.

Wie bewertest du die Bedeutung von dem Festival für Mönchengladbach und die Region?
Das Konzept ist fast einmalig. Es ist einfach unique in der Region und das beantwortet auch, wie wichtig es ist. Es ist unglaublich wichtig, dass dieses Gesamtkonzept funktioniert. Und ich hoffe auch, dass es so bleibt und es jedes Jahr neue Menschen gibt, die Bock haben sich zu engagieren. Mir ist es – gerade weil es das HORST Festival nicht mehr gibt – unglaublich wichtig und ich versuche immer meinen Support und meine Liebe für das Festival zu zeigen, weil es unglaublich wichtig ist.

Wenn du irgendwas in die Welt hinausschreien könntest, was die Welt über das potpourri Festival wissen sollte, was wäre es?
Die Botschaft wäre ganz klar: Geht da hin, weil es einfach pure Jugendkultur ist, die man so nicht mehr oft findet mit so einem großen Engagement.

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Der Bandcontest war schon im vollen Gange, bei dem sich verschiedene Bands aus dem Raum Mönchengladbach messen sollten und vor allem dem jungen Publikum die kreative Entwicklung ihrer Heimat präsentieren. Das Musikgenre spielte dabei nicht unbedingt eine Rolle, eher die Qualität der Musik. Und die konnte sich sehen lassen! Nach den lokalen Bands waren aber auch einige Headliner am Start: Gaint Rooks, Sparkling und Moving Places.

Da das Festival fast ausschließlich von Jugendlichen geplant und durchgeführt wird, wollte ich unbedingt noch mit Ulla Heinrich sprechen, die die Projektleitung innehat und die Jugendlichen in dem ganzen Prozess coacht. Und sie hat sich auch sehr viel Zeit genommen, meine Fragen zu beantworten.

Potpourri Festival Mönchengladbach im Gespräch mit Beteiligten

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Im Gespräch mit Ulla

„Es geht aber auch darum, Zustände, die Scheiße sind, so einfach nicht hinzunehmen und nicht zu meckern, sondern aktiv zu werden.“

Du machst die Projektleitung hier – wie bist du dazu gekommen?
Ich habe eigentlich zusammen mit Oliver Leonards das Projekt gegründet und konzipiert. Wir wurden damals von der Stadt angesprochen, als HORST e.V., ob wir nicht einen Musikcontest gestalten könnten. Wir wollten das eigentlich nicht, weil das Format eigentlich nicht in unsere Vorstellung von Kultur passt und wie wir Veranstaltungen sehen. Wir wollten sowas gerne machen, aber wenn wir so was machen würden, dann muss es komplexer sein und muss auf mehreren Ebenen funktionieren. Es kann auch nicht sein, dass wir als Erwachsene für die Jugendlichen so ein Bandcontest hinstellen. Deswegen hatten wir diese Idee, dass Jugendliche selbst diese Idee umsetzen und von uns supportet werden. Die Idee hatten wir schon ganz lange, weil wir uns auch beim HORST Festival gedacht haben, es fehlte der Nachwuchs bei den Veranstaltern, der was taugt. Es interessieren sich alle dafür und sind auch offen, aber Leute, bei denen wir das Gefühl hatten, sie könnten eine eigene große Veranstaltung in der Stadt auf die Beine stellen haben wir nicht gesehen. Dann haben wir uns gedacht, wir setzen die Idee auf mehreren Ebenen um. Wir coachen die Jugendlichen soweit wir müssen und die Jugendlichen ermöglichen wiederum anderen Jugendlichen ihre Kunst zu zeigen und zu präsentieren.

Wie siehst du das Festival in Mönchengladbacher Stadtbild? Ist das potpourri fest etabliert?
Ich bin total überrascht, wie etabliert wir sind. Wie wir rezipiert werden ist schon massiv. Man sieht das vor allem daran, wie die Presse uns ganz selbstverständlich supportet. Es ist mittlerweile ganz selbstverständlich, dass wir in allen regionalen Medien vorkommen und zwar mehrfach und ausführlich. Ich denke, es gibt in der Kulturszene niemanden, der uns nicht kennt, aber es gibt natürlich noch sehr viele, die und nicht kennen. Es ist natürlich schwierig so ein Kulturthema an Jugendliche heran zu tragen.

Wie versucht ihr das, Kultur an Jugendliche zu kommunizieren?
Also wir haben da so einen Mix aus Soziale Medien und Printwerbung, wir beschicken Schulen, wir arbeiten mit den Schülervertretungen zusammen, mit allen Jugendzentren und versuchen da hin zu gehen, wo junge Leute sind.

Du bist ja schon eine Weile dabei, würdest du sagen, es gibt jedes Jahr mehr Zulauf beim Publikum? 
Nee, beim Publikum sind die Zahlen eigentlich konstant.

Was bringt es den Jugendlichen, sich beim potpourri zu engagieren?
Es bringt natürlich total was für alle Beteiligten. Ich sehe das immer ganz gut, da ich manche Jugendliche seit ihrem vierzehnten Lebensjahr kenne und in verschiedenen Projekten begleite. Es ist natürlich immer die Frage, haben sie sich wegen des potpourri Festivals so entwickelt oder weil es tolle Persönlichkeiten sind? Aber ich sehe eigentlich bei allen, dass sie handwerklich über Veranstaltungen viel gelernt haben. Aber auch Fähigkeiten, die du im Job oder überhaupt im Leben nutzen kannst, wie beispielsweise: Wie funktionieren Prozesse? Wie funktioniert Kommunikation? Wie fühlt sich das an, meine persönlichen Themen hinter so eine Veranstaltung zu stellen? Es geht ja bei uns auch um Beteiligung, es ist Demokratiearbeit. Es geht aber auch darum, Zustände, die Scheiße sind, so einfach nicht hinzunehmen und nicht zu meckern, sondern aktiv zu werden. Es geht darum sein Leben in die Hand zu nehmen und den Gedanken zu fassen: Naja, wenn ich mich engagiere, kann ich vielleicht was erreichen. Und das sehe ich bei allen von den Jugendlichen, dass die sehr proaktive junge Erwachsene geworden sind. Und ansonsten finde ich auch, dass das ganze Netzwerk um das Festival einfach riesig ist. Die supporten sich gegenseitig, ob das Kunst, Fotografie oder Musik ist. Die wohnen nicht mal mehr alle in Gladbach, sondern in ganz NRW und die vernetzen sich trotzdem noch. Das macht so eine Generation auch stark und selbstbewusst: wir kennen uns, wir können was, wir unterstützen uns!

Zu dem Zeitpunkt, als das potpourri entstanden ist, hatte Gladbach so ein Festival dringend nötig?
Klar, die haben das immer noch nötig. Eigentlich müsste man jede Woche so ein Festival machen. Wir sehen das ja allein an der Anzahl der Bands, die für den Contest in Fragen kommen. Es gibt immer noch ein Förderungsdefizit von jungen Kreativen. Das ist ja auch das, was wir alles machen wollen. Jetzt ist es ja so, dass wir nicht alles zeigen, wir haben ja auch einen Qualitätsanspruch. Es sollte noch viel offenere Konzepte geben, bei denen man sich richtig ausprobieren kann. Ich sehe, dass es verhältnismäßig wenig Jugendliche hier gibt, die kreativ sind oder das zeigen. Hier gibt es einfach strukturelle Fehler. Es gibt kein soziokulturelles Zentrum zum Beispiel, es gibt kein AZ, es gibt viele Orte hier nicht, die prädestiniert dafür sind, dass man Impulse bekommt als junger Mensch. Und das glaube ich sieht man dann auch. Ich denke nicht, dass in anderen Städten so wenig Bands zu Verfügung stehen würden. Deswegen denke ich, es müsste sich strukturell noch einiges ändern. Deswegen ist das potpourri als Beispiel für die freie Szene ganz, ganz wichtig. Aber es müsste von der Stadt viel, viel mehr kommen.

Das hat man aber tatsächlich selten, viele andere Städte weisen leider die gleichen strukturellen Defizite auf.
Ich weiß, aber die Forderung muss immer bestehen! So ein Festival macht man ja auch nicht nur des Festivals wegen, sondern es hat ja auch einen gewissen politischen und gesellschaftlichen Anspruch. Sonst kann man das auch nicht vertreten, wenn Leute wie die Jugendlichen oder ich so viel Zeit ehrenamtlich investieren. Ich mache das nicht für zwei Tage Rambazamba, sondern ich mache das für das große Ganze eigentlich. Für die Idee, zu zeigen, was hier alles an Kreativität schlummert und andere damit hoffentlich zu inspirieren.

Wie äußert sich das in den Zuläufen von den Freiwilligen? Merkt ihr da eine Entwicklung?
Da gibt es auf jeden Fall einen Zulauf. Ich glaube, Veranstaltungsorganisation ist auch super „in“, weil sich viele das als ein total fancy Bereich vorstellen – ist es ja irgendwie auch. Man kann tolle Sachen erleben als Gruppe und auch auf der ästhetischen Ebene. Man hat viel Verantwortung, aber viele Leute unterschätzen auch, wie viel Arbeit das ist. Es gibt immer Leute, die irgendwann aussteigen, weil sie keine Zeit dafür haben. Das allgemeine Interesse war jedoch von Anfang an da, was bestimmt auch am HORST Festival lag.

Ist es für dich selbst auch spannend zu sehen, wie die Jugend tickt und was sie bewegt?
Ich finde das auf jeden Fall gut und hab jetzt auch in den letzten zwei Tagen potpourri gehört, was junge Leute für Musik hören. Das war ein kleiner Schock (lacht). Natürlich ist es für mich interessant am Zahn der Zeit zu bleiben, mit ihnen zusammen. Ich schätze die alle total für ihr Engagement. Es sind viele sehr interessante Persönlichkeiten dabei, die ich jeweils für bestimmte Aspekte ihrer Persönlichkeit bewundere und ich arbeite richtig gerne mit ihren.

Wenn ihr Bands aussucht oder Entscheidungen trefft, hast du dann ein gesondertes Veto-Recht und ist es komplett demokratisch?
Ich habe so ein Veto, aber selbst dieses Veto kann überstimmt werden. Und ich wurde auch schon sehr oft überstimmt. Bei uns gilt immer das bessere Argument. Es geht nicht um Basisdemokratie, sondern wir diskutieren alles aus bis zum bitteren Ende. Dadurch ist es total egal, wenn ich ein Veto habe und wir diskutieren das bis zum Ende aus, dann ist es oft so, dass ich mich zurückziehe mit meiner Meinung.

Wie kommen die Jugendlichen darauf klar? Wahrscheinlich sind nicht alle gewohnt, Dinge auszudiskutieren, für seine Meinung einzustehen oder überhaupt eine zu haben?
Viele von den Jugendlichen haben das tatsächlich erst bei uns so richtig gelernt. Beispielsweise gestern hatten wir einen superschönen Moment: wir reflektieren immer, nach jeder Veranstaltung, wie es gelaufen ist. Und das machen wir immer in der großen Runde, das sind aktuell 15 Leute. Parallel zu unserer Reflexion gestern war die Aftershow-Party und plötzlich kam der Clubbesitzer zu uns rein, als wir reflektierten und sagte: „Leute, eure Aftershow-Party kackt gerade ab. Könnt ihr mal rüber kommen und feiern, damit es voller ist?“ Und ich hab erst einmal nichts dazu gesagt und hab gewartet, wie die Jugendlichen das entscheiden wollen. Und die Kids meinten, sie wollten lieber reflektieren. Sie würden nicht gehen, bevor nicht jede Person, die heute an dem Prozess beteiligt war, was gesagt hat. Das hat mich sehr gefreut und auch beeindruckt. Es ist einfach eine bestimmte Mentalität entstanden, obwohl wir das nicht didaktisch herbei führen.

Wenn du noch eine Sache über das potpourri in die Welt hinausschreien könntest, damit es alle hören, was würdest du sagen?
Alle sollten sich ein Beispiel an diesen jungen Menschen hier nehmen und einfach was machen sollen, was ihnen am Herzen liegt. Die jungen Leute sollen für was brennen. Wenn man in seiner Jugend schon nicht für irgendwas brennt, ist alles verloren. Man sollte sich mit anderen zusammen tun, die einem was bedeuten oder die einen herausfordern und dann was Geiles zusammen auf die Beine stellen. Lasst euch nicht von irgendwem irgendwelche Grenzen aufzeigen.

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In diesem Sinne habe auch ich das potpourri-Festival sehr entspannt und beeindruckt erlebt und kann es nur jeden ans Herz legen, sich dieses tolle Projekt mal anzuschauen.

Jenny

Aufgewachsen in einer zugegebenermaßen recht unmusikalischen Familie fing ich früh mit dem Schlagzeug spielen an, das ich aber aus Platz- und Lärmgründen während meines Philosophiestudiums aufgeben musste. Seither beschäftige ich mich einfach passiv mit der Musik und versuche erst gar nicht mehr meinen Geschmack einzugrenzen, denn je mehr desto besser. Immer. Überall. Ich höre u.a. Musik von Beatsteaks, Chance Waters, Moop Mama, Ratatat, Dendemann, Miike Snow, Hein Cooper, Tüsn, LOT.

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