Vorgestellt: Disco Love Machine pt.2 | Interview

Disco Love Machine aus Berlin MUSIKMUSSMIT

 Gibt es Bands, die sagen: „Wir sind völlig harmonisch.“? Ich glaube nicht!

Interview & Foto: Friederike Suckert.

Nachdem es im März ein schriftliches Interview gab, habe ich mich im Frühsommer persönlich mit Disco Love Machine getroffen, um über Metal-Götter und die Welt zu sprechen. Es wurde ein mehr als ausführlicher Nachmittagsplausch über das Tourleben  und den Prozess als Band.

Macht ihr nur die Band oder geht ihr auch nebenher arbeiten?

Wir gehen nebenher arbeiten und das geht ja auch gar nicht anders, weil wir alles selbst finanzieren: CD-Produktion etc. Zu Disco Love Machine haben wir uns damals ein eigenes Tonstudio gebaut und das muss man ja auch erst mal bezahlen.

Euer Kalender ist also voll. Aber sowas muss man halt machen. War die Tour sehr anstrengend?

Die Tour an sich war anstrengend wegen der körperlichen Strapazen und ab und zu mal einem Schluck dazwischen, aber im Grunde war es auch wieder Erholung, weil die ganze Vorarbeit ja geleistet war und man sich auf das Musikmachen freuen konnte. Und das war auch schön so im Team. Wir hatten noch drei Leute dabei und die haben uns sehr viel abgenommen und wir konnten uns wirklich konzentrieren. Das anstrengendste war eigentlich wirklich die Zeit davor.

Macht ihr die Organisation auch zu dritt oder gibt es eine Art Assistenten?

Beim Booking haben wir jemanden, der sich ausschließlich um die Festivals kümmert, weil es sonst nicht anders geht. Wir müssen jetzt schon wieder für Oktober und die nächste Apriltour buchen.

Hat sich die Tour eigentlich für euch gelohnt oder war es eher ein Verlustgeschäft?
Man kann sagen, dass wir bei Null rausgekommen sind, wenn man bedenkt, dass wir das komplette Team, also eigentlich alles, finanziert und verpflegt haben. Das war ja unsere erste richtige Tour und da haben wir Dinge erlebt, die hätten wir vorher nicht geahnt. Jetzt sind wir auch bereit für neue Sachen. Und durch diese Erfahrung war es eh kein Verlust.

Habt ihr bei manchen Songs gemerkt, dass sie nicht so gut auf der Bühne funktionieren und improvisiert oder habt ihr dann eher einfach weitergemacht?

Im Großen und Ganzen gab es einen Plan, auch im Ablauf und an den haben wir uns dann gehalten. Der Vorteil war, dass wir vorher fünf Konzerte hatten, da konnten wir vorher schon die Reaktionen testen. Auf Tour haben wir es dann mit dem Team optimiert, aber auch immer improvisiert wenn etwas nicht so geklappt hat, wie wir uns das ausgedacht hatten.

Gab es während der Tour auch mal Streit? Oder einen Gruppenkoller?

Das war während der Albumaufnahmen schlimmer, da wir kein Neutrum hatten. Da haben wir uns oft richtig gefetzt. Das hatten wir auf der Tour auch befürchtet, aber das ist gar nicht passiert. Ich kann mich an keinen Streit erinnern. Vielleicht lag es auch an den Leuten um uns herum, man war einfach abgelenkt.

Vielleicht auch, weil Ihr durch die Arbeit am Album einen Kompromiss gefunden habt und jeder weiß, wo er steht in dem Gefüge? Und werden sich diese Erfahrungen im neuen Album reflektieren?

Beim neuen Album werden wir uns bestimmt auch fetzen, aber auf einem anderen Niveau! Es ist ja eine Partnerschaft und unsere Zukunft! Die Jobs, die wir sonst machen, die machen wir nur nebenher. Es ist eine Leidenschaft, da ist viel Energie und die muss manchmal halt raus. Wir sind drei Leute und oft ist man eben schlecht gelaunt, kommt dann ins Studio, sagt etwas Doofes und das kotzt den Anderen dann an und so gibt es eben Streit. Gibt es Bands, die sagen: „Wir sind völlig harmonisch.“? Ich glaube nicht!

Ich glaube das auch nicht. Ich glaube auch nicht, dass das gut ist für eine Band, denn so ein Gewitter gehört dazu.

Solange es nicht wie bei Oasis endet… Wir werden uns auf jeden Fall weiter streiten, aber nicht um die Themen, die wir schon hatten.  Man kann jetzt nicht sagen, es ginge steil bergauf, aber wir entwickeln uns weiter. Man geht ja immer eine Stufe weiter und auf jeder Ebene kommen auch neue Probleme.

Ihr werdet auch immer professioneller. Das wird bestimmt noch eine ganz spannende Sache mit Euch. Vermietet ihr Euer Studio auch?

Das ist eigentlich so nicht geplant. Wir haben das gebaut, weil wir unsere Songs unabhängig schreiben/ aufnehmen wollen. Ein Studio zu mieten wäre zu teuer gewesen und dann haben wir eben selbst eines gebaut. Manchmal dürfen Freunde bei uns aufnehmen, aber mehr im Sinne von Geben und Nehmen. Aber jeder kann uns erst mal fragen.

Networking in Berlin eben! Und wie schreibt Ihr? Sind erst die Texte da? Schreibt nur einer diese? Alle zusammen?

Manchmal sind die Texte schon da, manchmal nehmen wir auch Sachen von alten Demos. Manchmal gibt es Textfetzen, zwei drei Sätze und dann werden die gezeigt und einer fängt an eine Melodie zu spinnen. Oder, was ich noch am schönsten finde und wie es bei „About Love“ geschehen ist: wir stehen im Raum und jammen. Musik und Songtext und fertig. Das passiert mal, aber man darf sich nicht immer drauf verlassen.

Wenn es dann mal so eine intensive Session gab und so ein Krachersong herauskommt, geht Ihr danach noch einen trinken oder geht ihr einfach auseinander? Ihr hängt ja auch viel auf einander, oder?

Kommt auf die Stimmung an! Manchmal machen wir das und manchmal nicht. Während der Albumaufnahmen waren wir mehr zusammen, aber da war ja auch die Arbeit viel geballter. In den Übergängen hat jeder viel mehr Freiraum und das ist auch gut, weil man Inspirationen sammelt und sich nicht alles dreimal erzählt.

Ihr seid aus Hildesheim hergekommen, bereut ihr das schon?

Es ist anders hier, aber wir wollten und brauchten den Tapetenwechsel. Wären wir dort geblieben, dann wären wir stehen geblieben. Aber Berlin war jetzt auch mehr oder weniger austauschbar, es hätte auch Hamburg, London, München oder XY werden können. Es war einfach ein Bauchgefühl, es gab immer Beziehungen zu Berlin, aber irgendwann hieß es dann: wir machen das jetzt einfach.

Ihr würdet wahrscheinlich immer in den selben Clubs spielen. Hattet ihr eine große Fanbase?

Wir waren jetzt wieder nach einem Jahr dort und haben uns das auch gefragt. Wer redet über einen? Man kennt ja auch in so einer Kleinstadt irgendwann jeden! Wir waren gespannt, was hängengeblieben ist. Viele aus dem Studium sind weggezogen usw.. Am Ende waren es mehr Leute als auf der Record Release Party. Und auch ganz ganz viele neue Leute! Jüngere, die wir auch nicht kannten. Viele kamen durch Mundpropaganda. Damit haben wir gar nicht gerechnet. Das war ein super Abend!
Berlin war einfach der neue und logische Schritt. Es deprimiert einen irgendwann, wenn man jeden Stein kennt. Wenn man sieht, dass man da und da schon drei mal hingepinkelt hat.

Seid ihr alle drei so entschlussfreudig oder wurde einer eher mitgeschliffen?

Die Entscheidung wurde nicht an einem Tag getroffen, aber alle wollten weg und so hat das sich so nach und nach entwickelt und am Schluss war es dann klar, dass wird das jetzt machen. Einer war euphorisch, einer wollte gar nicht und einer war wie ein Mediator dazwischen. Und man darf auch nicht vergessen, dass es in Hildesheim auch so langsam los ging, dass Leute nach dem Studio fragten und sich von der Routine zu lösen war auch nicht einfach. Die Freundinnen waren zum Glück nicht schwer zu überzeugen.

Da habt Ihr aber Glück gehabt! Das ist ja wie ein Hollywood-Musik-Film! Aber Ihr seid nicht auch noch alle in ein Loft gezogen?

Also, ich muss gestehen: ich hatte die Idee mal angesprochen. Ob man nicht in ein Haus ziehen kann. Einfach mal ins Studio schlappen, die Mädels am Pool. Aber dann hätten wir uns vermutlich schon die Köpfe eingeschlagen. Abstand hat  in unserem Fall auch etwas Gutes …

Kennt Ihr Euch aus Hildesheim?

Max: Wir kannten uns schon vor Hildesheim, haben da dann aber wieder zusammengefunden. Marcel und ich waren in der Fachoberschule und da haben wir uns durch Besuche ein wenig kennengelernt und dann hatten wir gar keinen Kontakt mehr. Wir haben uns da durch das Studium wieder getroffen.

David: Marcel und ich kennen uns schon seit der ersten Klasse.  Mit 14 haben wir angefangen zusammen Musik zu machen. Disco Love Machine ist aber noch nicht so alt, diese wurde dann vor ca. 3 Jahren in Hildesheim gegründet.

Das ist doch eigentlich die perfekte Ebene.

Ja, deswegen können wir uns auch so gut streiten. Man kann halt so miteinander umgehen.

Sind eure Einflüsse jeweils unterschiedlich oder seid Ihr da auch auf einer Wellenlänge?

Wir haben alle oft einen Nenner, aber es gibt immer Sachen, die der eine ganz toll findet und der andere total schrecklich.  Es ist nicht so, dass einer der totale HipHopper ist und der andere Hardcore hört. Bei unserer Platte waren wir uns alle einig, dass das unsere Interpretation von Rock ist und vielleicht auch ein bisschen Elektro. Andere sagen jedoch, es wäre New Wave und ein bisschen Gothic.

Jeder hört halt was anderes heraus. Ich wollte meinem Vater mal David Bowie näher bringen anhand einer Doku über seine Blues-Phase, aber er konnte nichts damit anfangen, denn David Bowie ist David Bowie. Und ich glaube, dass der in der DDR eh nicht so bekannt war.

Musik in der DDR interessiert mich auch. Ich hab neulich jemanden kennengelernt, der war da eine richtige Undergroundgröße, hat auch in Moskau und überall gespielt. Und die haben richtig gute Parties gefeiert, haben gemacht, was sie wollten. Das ist bewundernswert, das wird heut gar nicht mehr so gemacht. Musik als Lebenselixier wird heut nicht mehr zelebriert. Und da frage ich mich, auf uns bezogen: machen wir das auch so? Weil wir alles selbst machen und uns quasi gegen die Großen entschieden haben? Aber die hatten’s ja damals richtig mit dem Gesetz zu tun!

Ja, auch illegale Parties gibt es nicht mehr so in Berlin. Selbst entsprechende Facebook-Seiten sind jetzt kommerziell. Aber es spricht ja auch nichts dagegen mit dem, was man mit Herzblut tut, Geld verdienen zu wollen. Und wie sieht´s denn aus? Wenn jetzt ein Label kommen würde, auch ein kleines, würdet Ihr nach der ganzen Arbeit eventuell doch zu denen gehen?

Da gibt es kein Dogma. Kommt drauf an, was sie anbieten und was wir wollen. Es ist uns einfach wichtig, dass uns als Musikern auch eine gewisse Freiheit bleibt. Das Unternehmen muss einfach passen. Zusammenarbeit und gemeinsames Wachstum, das ist wichtig.

Ich denke aber, dass die Großen auch merken, dass die fetten 80er und 90er vorbei sind und ich sehe das als Chance für kleine Bands. Da ja kaum noch gekauft wird und Spotify gibt es auch noch. Ich find das ja gut.

Die Labels sind jetzt endlich mal gezwungen, da Gehirnschmalz reinzustecken. Und jetzt werden die Platten halt in großen Special-Editions verkauft, mit Vinyl und allem Drum und Dran.

Könnt Ihr Euch denn durch Euer Studio vorstellen, auch irgendwann einmal ein Label zu gründen?

Da müsste man schauen wie es funktioniert, weil wir im Moment nicht alles abdecken können. Es fehlt an Zeit. Aber vorstellen können wir uns das schon. Wir würden uns auch in der Zukunft freuen, wenn wir so etwas hätten. Mit anderen Bands gemeinsam etwas schaffen, so wie MonkeyTown, das hat etwas Schönes. Es kommt aber auch darauf an, in welchem Entwicklungsstadium man grad steckt. Jemand, der Dinge schon seit zehn oder fünfzehn Jahren macht, der weiß wie es geht und das kann man nicht in einem halben Jahr lernen. Und so muss das alles die Zeit bringen.

Ihr habt ja gerade mal Euer erstes Album fertig, Ihr wollt ja eh bestimmt noch touren und mehr aufnehmen. Irgendwann seid Ihr dann soweit.

Bodenständig alles von unten aufzubauen ist stabiler und macht auch mehr Spaß. Und man sollte sich auch immer selbst treu bleiben und sich nicht immer überall anpassen. Gerade auch in Berlin, hier ist alles so vielfältig, da kommt man nicht hinterher. Einfach alles nach und nach machen, nicht auf den großen Durchbruch hoffen, sich ein bisschen aufs Gefühl verlassen, das läuft schon und wenn es sein soll, dann kommt das. Ich nenne das „Das Metallica-Prinzip“. Die haben so treue Fans, die haben sogar das „St. Anger“ gekauft, obwohl sie es kacke fanden. Sie mussten es einfach haben.

Ich hasse Metallica. Ich find die so scheisse.

Find die auch nicht gut, aber die haben eine krasse Fanbase.

Ja, das haben sie. Sogar der schlechte 3-D-Film lief gut. Ist denn bei euch eine DVD oder ähnliches von den Konzertaufnahmen geplant?

Nein. Wir wollen das Material auswerten und aus den guten Sachen was machen, aber so eine DVD ist nicht in Arbeit. In der Zukunft ist ein Sammelsurium an Fotos geplant, so dass man die Entwicklung auch der einzelnen Menschen sehen kann.

Macht Ihr dieses Jahr Festivals mit?

Nein, ist nichts geplant. Es ist schwierig mit unserer Musik auf Festivals zu kommen. Es werden halt meistens Bands gespielt, die schon größer sind. Die 500-1500 Leute bespielen, die wollen es bombastischer, knalliger. Da kommen wir nicht so gut an. Nächstes Jahr dann vielleicht. Letztes Jahr waren wir auf dreien. Aber es passt uns schon so, wir haben viel zu tun.

Danach folgte ein ausgiebiger Plausch über Metallica, Tool, Scorpions, Led Zeppelin, Die Toten Hosen und Helene Fischer, unverschämte Patente und den Erfolg des Schlagers.

 [youtube_sc url=“https://www.youtube.com/watch?v=2i9UCNMgG2Y“ width=“560″ height=“300″ autohide=“1″]

Friederike

In einer Höhle voller Bücher von Plattensammlern aufgezogen, sozialisiert in idyllischer Randbezirkplatte durch ABBA, Elvis und Nirvana, schulternwippend in die Kaschemmen und Tanztempel der Stadt gewankt, bin ich jetzt graduierte Popnutte. Schon immer eher Beobachterin als Macherin, frage ich, was die Entscheidung für das Künstlerleben so mit sich bringt.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.