Gemischte Gefühle: Fink live in Berlin | Konzertbericht

Fink Konzertbericht Berlin MUSIKMUSSMIT

Konzert am 01. Dezember 2017 im Tempodrom Berlin | Support: ÄTNA
Text und Fotos: Katha Strophe

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Fink in Concert – gave me the Blues (or not)

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So einige unter euch werden folgendes Phänomen vielleicht kennen: Ihr lest ein Buch und das Buch gefällt euch richtig gut. Dieses Buch wird dann verfilmt. Ihr schaut euch den Film zum Buch an und erlebt danach mit großer Wahrscheinlichkeit Enttäuschung über die Interpretation und filmische Umsetzung. Zwar ist Studiomusik nicht mit Literatur und Konzerte nicht mit Filmen gleichzusetzen, jedoch hatte ich nach dem Fink Konzert am vorletzten Freitag im Tempodrom ein sehr ähnliches Gefühl der Ernüchterung. Doch immer der Reihe nach.

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Ein vielversprechender Start…

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Alles fing zunächst mit der vielversprechenden Vorgruppe ÄTNA an. Sicherlich mag deren ausgefallener minimalistischer Elektro Sound, unterlegt mit kräftigen Drums und unverständlichem Gesang, nicht jeden Geschmack treffen. Aber authentisch, erfrischend und spannend klingt das Dresdner Duo in jedem Fall (hier eine etwas ausführlichere Vorstellung zu ÄTNA). Im Anschluss wurde dann eine Video-Kompilation auf der Großleinwand von verschiedensten Ausschnitten von TV Auftritten und Interviews mit Musiker_innen und Künstler_innen gezeigt, darunter z.B. auch die Rolling Stones, David Bowie und Chuck Berry. Was ich zunächst als schöne Lösung empfand, um die häufig langwierige Wartezeit bis zum Main-Act zu überbrücken, wurde das Screening allerdings irgendwann vom restlichen Publikum durch lautstarkes, ungeduldiges Pfeifen und Klatschen übertönt.

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Wer ist eigentlich Fink?

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Nach gut 45 Minuten Überbrückungszeit kam dann Fink samt Band auf die Bühne. Schwierig für mich war es dabei wirklich ausfindig zu machen, wer nun genau zum Trio FINK gehört und welche der sechs Musiker nur während der Tour dabei sind. Leider wurde die Band durch den bekannten Lead Sänger und Songwriter Fink aka Finian Greenall auch nicht vorgestellt. Dieses kleine feine Detail allein fasst irgendwie ganz gut zusammen wie ich, meine Begleitung und der ein oder andere Mensch um uns herum den Auftritt teilweise empfunden haben: etwas egozentrisch. Nicht, dass ich was gegen Solo-Nummern hätte, ganz im Gegenteil: ich habe mich sogar sehr darauf gefreut seine modernen, bluesigen Songs vom „Fink’s Sunday Night Blues Club“ Album endlich auch mal live zu hören. Genau diese Vorfreude blieb allerdings komplett unerfüllt, denn zu meiner Enttäuschung stellte ich nach 2/3 des Konzertes fest, dass er diese wohl vermutlich gar nicht spielen wird (warum auch immer).

Das Gefühl, dass ich nicht die einzige war, die sehnsüchtig auf die so beliebten neuen und alten Fink Songs wartete, bestätigte sich, als zwischenzeitlich Fans Songnamen Richtung Bühne riefen. Etwas abfällig erwiderte Fink seinen Bittstellern dann jedoch:

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„We are not going to play that song, so you can stop shouting now. Sorry.“

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Natürlich versteht sich von allein, dass es auf einer Tour primär darum geht, musikalische Neuschöpfungen vorzustellen. Vom Gefühl her kamen allerdings genau diese neuen, verhältnismäßig trägen Tracks vom Album „Resurgam“ einfach nicht wirklich beim Publikum an. Es schien fast so, als ließe sich das Publikum aufteilen in die Ur-Fans einerseits, die auf die alten „Klassiker“ hofften, und andererseits in den Neuzuwachs, der besonders dem bluesigen und elektronischen Sound von Fink’s letzten Alben (abgesehen von Resurgam) verfallen war. Dadurch ließe sich dann auch zwangsläufig erklären, wieso am Ende keiner wirklich happy schien.

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Technisch musikalisch gut – Spontanität und Band-Dynamik eher weniger

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Abgesehen von einem übergrellen, unpassenden LED Lichtstreifen war der Auftritt technisch und musikalisch gut, wobei ich das Tempodrom insgesamt für Konzerte eher unschön finde. Fink’s Stimme ist auch live sehr harmonisch, wobei er jedoch besonders bei den langsamen Songs hin und wieder eine relativ monotone Stimmlage benutze, die sich auch merklich von Song zu Song wiederholte. Gefehlt hat mir auch das intuitive, spontane und leidenschaftliche Zusammenspiel mit der Band, bei dem jedes Bandmitglied auch mal das Rampenlicht genießen darf und der Lead-Sänger das „Lead“ gern abgibt.

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Manchmal ist weniger einfach mehr…

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Ja, und weil ich meine persönliche Enttäuschung über das Konzert offensichtlich ist,  kann ich es mir leider auch zum Schluss nicht verkneifen, nochmal persönliche Kritik zu äußern:

Ein bisschen nervig war auch die unentwegte Selbstdarstellung von „Fin“. Über das Konzert verteilt versprach er dem Publikum z.B. gefühlte 10-Mal, dass er nun nächstes Jahr (nach drei Jahren in der innig geliebten Wahlheimat Berlin) auch endlich mal Deutsch lernen wird – Indianerehrenwort. Auch die Entstehungsgeschichte zu gefühlt jedem zweiten Song wurde breit mit S-Bahn-, Berghain- oder einfach generellen Berlin-Anekdoten bestückt und damit jedes Fünkchen Stimmung gekillt. Ein anderer verquerer Moment war, als er sich für einen langsamen Song ans Keyboard setze und davon sprach, dass es bei manchen Songs schnell absehbar sei, dass sie gut funktionieren werden und sich dies bei anderen erst nach Veröffentlichung zeigte – wobei dann die Freude umso größer sei, dass der Song am Ende (wie der im Anschluss gespielte Solo-Track) tausende Menschen tief berührt. Jaja, das ist natürlich schon schön, aber leider ist dann mit so einer Song-Einleitung im Normalfall jede potenzielle Emotion auch schon zerredet. Musik braucht halt keine Erklärung und Gänsehaut Momente lassen sich eben auch nicht erzwingen – und bei diesem so ersehnten Konzert blieben sie zu meinem eigenen Bedauern leider komplett aus.

Katha Strophe

Ich esse gerne und viel und trinke tagsüber Tee und (abends) hin und wieder gerne auch mal Wein. Ich mag meine Heimatstadt Berlin, aber bin trotzdem häufig und gerne weit weg. Ich schlafe gerne, aber bin auch gerne lange wach. Ich bin gerne draußen, mit Freunden unterwegs aber ab und zu auch gerne mal allein. Des Weiteren mag ich übrigens auch Musik. Um genau zu sein mag ich besonders Musik aus der Indie-, Blues-, (Garage-) Rock-, Soul-, Elektro-, Folkrichtung und alles, was sich sonst noch gut anhört.

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