Im Plausch mit: Snøffeltøffs

Florian und Julian sind SNØFFELTØFFS
Florian und Julian sind SNØFFELTØFFS
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  • Beitrag zuletzt geändert am:31. Oktober 2018
  • Beitrags-Kategorie:Interviews / Musik
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Nur allein ist es perfekt, aber perfekt ist langweilig.

 

Interview: Friederike Suckert

Gerade erst von der ersten gemeinsamen Europa-Tour zurück und kurz vor der Veröffentlichung ihres ersten Albums „Hokus Pokus“ am 31.10.2014, habe ich mit Julian und Florian über das Leben als Band und die Musikszene in Berlin gesprochen. Mir persönlich hat ein Rock-Album schon lang nicht mehr so gut gefallen und das Konzert kann nur ein Kracher werden. Also, merken: am 31.10.2014 ist nicht Halloween, sondern Snøffeltøffs!

Den Namen hätten wir ja schon geklärt, ein Spaßname, der unter alten Freunden entstanden ist. Ihr kommt ja auch aus dem Norden Berlins, ich bin aus Karow…
Florian: In Karow war ich auch mal. Ist ganz anders als Frohnau, da wo wir herkommen. Gesittet, aber es war mehr los. Frohnau ist spießig, da geht auch nicht viel und in Karow sind wenigstens Jugendliche.
Julian: Bei uns sind nur Rentner mit hohem Einkommen.

Findet Ihr, Berlin hat noch eine gute Rock-Szene oder findet Ihr, es ist sehr elektronisch und HipHop-lastig  geworden?
J: Klar, das wirkt so, diese Acts sind hier und deutschlandweit die Bringer. Berlin ist sowieso die Elektrohauptstadt.
F: Berlin hat einfach diesen Stempel, da ja die Technoszene hier seit den 90ern einen großen Einfluss hat. Mit Elektro ist es nun mal einfacher hier rauszukommen, obwohl es in Berlin eine ziemlich große Rockmusikszene gibt, die aber sehr unterrepräsentiert ist und einfach erschlagen wird von dem ganzen Elektro-Ding. Aber es gibt wirklich Unmengen von Proberaumhäusern und die sind alle voll mit Metal-Bands und Rockern.
J: Schweinerockbands. Das ist grad das Ding in den Proberäumen. Leute, die mit Ende 40 nach´m Bau noch mal proben gehen. Die haben krass ausgestattete Räume und wir haben so´n kleines Loch. Also, die Szene gibt´s schon. Und die Leute gehen auch hin, vor allem auch bei ausländischen Bands. Wird Gitarrenmusik gespielt, dann rennen die Leute hin.
F: Es ist auch immer voll. Die Gitarren-Szene ist auf jeden Fall da, sie wird nur einfach nicht so wahrgenommen und auch nicht so in der Presse gezeigt. Außer dann eben z.B. im ganzen Stoner-Bereich, wo „Kadavar“ der große Export ist. Da springen alle drauf an, aber das ist auch eine ganz andere Art von Rock als wir machen. Die sprechen die breitere Masse an, die sind in den letzten zweieinhalb Jahren so durch die Decke gegangen.
J: Die haben es aber auch drauf mit dem szenetypischen Aussehen und Auftreten, aber das ist vielleicht auch wichtig.

Ihr meint, der Look ist auch wichtig?
J: Also, bei diesem Siebziger-Jahre-Rock ist es wichtig. Immer mehr springen darauf auf, weil das im Moment gut läuft. Wir machen eher Liebhaberzeug, glaub ich, aber welche Band, die eine ältere Spielart von Rockmusik spielt, behauptet das nicht von sich. Klar haben wir auch irgendwie unser szenetypisches Auftreten.

Wart Ihr als Band immer in Berlin?
J: Uns gibt´s ja noch nicht so lang, aber als ich in Wien gewohnt habe, haben wir uns gegründet. Und als ich Weihnachten hier war, waren wir im Probenraum und haben rumgealbert und haben uns an Ostern nochmal getroffen und dann haben wir halt beschlossen, es mal auszuprobieren. Im Sommer haben wir drei Monate geprobt und unmittelbar darauf eine EP aufgenommen und dann ging es ganz schnell, mit vielen Konzerten und so und jetzt gucken wir, was noch so kommt.

Seid Ihr nur zu zweit auf der Bühne oder machen dann befreundete Musiker von Euch mit?
J: Wir sind grundsätzlich immer nur zu zweit. Wir haben zwischenzeitlich auch mit einem zusätzlichen Gitarristen geprobt, aber das ist dann leider nichts geworden, also haben wir es einfach als Zeichen gesehen, dass wir zu zweit bleiben sollten. “Verdammt” dazu sozusagen. Das klappt aber auch so ganz gut.
F: Wir haben ein bisschen rumexperimentiert mit anderen Leuten als wir mal auf einem Sampler rausgekommen sind und die Release-Show für den Sampler etwas spannender gestalten wollten. Da haben wir für ein oder zwei Songs einen Trompeter dazugenommen, aber nur live und ansonsten machen wir alles selbst. Im Studio können wir uns ja zum Glück genug austoben.

Genau, ich meinte auch live.
J: Für die Show in Berlin werden wir auch ein paar Leute einladen, damit sie mit uns spielen, aber nie das ganze Set. Eher zwei drei Songs, um ein bißchen was ausprobieren.
F: Wir wollen den Leuten auch etwas Neues bieten, es werden ja ein paar dabei sein, die schon öfters bei Shows von uns waren.
J: Und das ist genau das, was wir wollen: einen Unterschied zwischen der Aufnahme und live. Es soll nicht wie auf der Platte klingen, das finde ich nicht spannend.
F: Auf der Bühne ist es eher primitiv und in die Fresse, auf der Platte ist es feiner.

Da konntet ihr sozusagen  mehr frickeln? Freut Ihr euch schon auf den Albumrelease und beschäftigen Euch die Kritiken?
F: Ja, das darf man nicht zu ernst nehmen.
J: Ich lach da manchmal drüber. Ich mag auch böse Kritiken eigentlich lieber. Ich bin gespannt, was da passiert, auch promomäßig. Wir haben da einfach keinen Einfluss drauf, ob es angenommen wird oder nicht.

Ihr wart ja gerade auf Tour, oder?
J: Ja, das ist richtig, sind gerade zurück. Wir waren drei Wochen Unterwegs und haben fast ganz Westeuropa abgeklappert.

Habt Ihr Euch vertragen oder gab es auch mal richtig schönen Zoff?
F: Klar, ein bißchen was ist immer, aber wir zwei haben uns gut vertragen.
J: Wir zwei sowieso immer. Wir hatten weniger Probleme miteinander als mit den beiden anderen, die mit waren. Mit denen gab es mehr Reibereien, weil wir sie nicht so lang kannten und sie uns auch nicht. Aber eigentlich… Klar, man zickt sich immer ein bißchen an, aber wer macht das nicht? Nichts Dramatisches, nichts, weswegen man drei Tage nicht miteinander redet. Ich wäre gern weitergefahren, aber nicht unbedingt mit den anderen.
F: Ja! (lacht) Wenn man sich schon so lange kennt, weiß man, wie man mit den Marotten des anderen umzugehen hat.
J: Es war manchmal natürlich trotzdem anstrengend.

Seid Ihr denn auch ein bißchen froh, dass es vorbei ist?
J: Ich hätte gern weitergemacht, die Woche jetzt war ganz schön langweilig.

Wart Ihr im Bus unterwegs oder habt Ihr in Hotels oder bei Freunden geschlafen?
F: (lacht) Nee. Wir hatten einen Bus und immer verschiedene Pennplätze. Auf dem Boden, Matratze, zwei mal Hotel.
J: Komischerweise kannten wir das bisher nicht. Wir hatten sonst immer die Möglichkeit im Hotel zu schlafen. Es war auf der Tour wirklich zwischen ganz ganz scheiße und okay alles dabei. Es ging auf und ab, jeden Tag war etwas anderes.
F: Aber eigentlich gab es nur einen oder zwei Totalausfälle, die einfach absolut nicht okay waren. Und ein oder zwei richtig gute Sachen. Im Großen und Ganzen hat sich niemand beschwert, denn es war klar, dass es so sein wird.
J: Ja, aber war cool. Viel gesehen.

Trotzdem bleibt der Plan, mit dem Album nochmal auf Tour zu gehen?
J: Ja! Hoffentlich auch mehr in Deutschland. Das war ja gar nicht so. Mal schauen, wie für uns gebucht wird und so. Dass da auch ein paar Festivals bei sind und so.

Ihr findet es gut auf Festivals?
J: Festivals sind super!
F: Klar ist es geil, wenn mehr Leute da sind, aber ob wir nun vor zehn, hundert oder tausend Leuten spielen ist egal: die Anspannung ist die gleiche. Es hat alles seine Vorteile. Wenn man vor zehn Leuten auf dem Boden spielt, dann ist die Interaktion mit dem Publikum auch viel intensiver, was mir persönlich sehr viel Spaß macht. Wenn du aber vor so wenigen Leuten spielst, dann kannst du auch untergehen, aber eben auf eine ganz andere Art und Weise. Man muss auch ausloten wie du mit den Leuten umzugehen hast. Das schlimmste sind Konzerte, wo der Laden relativ groß ist, aber nur zwanzig Leute da sind…
J: Ja – und die stehen zehn Meter weg. Der Klassiker.

Ist Lampenfieber bei Euch ein Thema?
J: Nein, bei mir nicht. Nur wenn er nervös wird, dann werde ich auch nervös. Er hat Ansteckungspotential. Aber sonst hab´ ich gar kein Lampenfieber.
F: Ich will immer einfach nur nicht anfangen. Bin ich dann aber auf der Bühne, will ich, dass es so schnell wie möglich wieder vorbei ist. Aber nicht, weil mir das keinen Spaß macht. Es ist auch nicht wirklich Lampenfieber. Das erste halbe Jahr gabs das schon, weil die Songs noch nicht richtig saßen, die Art, wie wir gespielt haben und man auch nicht wissen konnte, wie das Publikum alles aufnimmt. Inzwischen ist es ja ein Selbstläufer. Jetzt muss man nicht mehr groß nachdenken, wenn man sich mal verzockt, denn dann weiß der andere meistens, wo man ist und man schaut sich an und man weiß, was los ist und dann passt das schon. Und so ist diese Angst eigentlich fast weg, aber so ganz los wird man die nie. Ich glaube auch, dass es schlecht ist, wenn man gar kein Lampenfieber mehr hat, das Adrenalin ist ja auch einer der Gründe, warum es live so viel Spaß macht.

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Wie schreibt Ihr Eure Songs? Zusammen?
J: In letzter Zeit öfter zusammen.
F: Meistens kommt er mit der Idee, hat das schon auf der Gitarre ein bißchen gespielt und dann probier ich aus, was ich dazu spielen kann. Aber in letzter Zeit zusammen.
J: Die letzten zwei, die wir aufgenommen haben, die haben wir komplett zusammen gemacht.
F: Aber sonst ist es eher getrennt. Einer hat sich was ausgedacht und der andere überlegt, was er dazu tun kann.
J: Aber ich hab lange keine kompletten Songs mehr angeschleppt, sondern eher Fragmente und dann hofft man, daß der andere noch eine gute Idee dazu hat. Wir haben aber auch länger nichts Neues gemacht, das kommt jetzt wieder.

Ihr habt ja jetzt auch gerad erst ein Album fertig!
J: Ja, ich brauch einfach diesen Punkt der Langeweile an dem ich wieder anfange, Sachen zu entdecken. Heute habe ich zum Beispiel „Message In A Bottle“ von Police gelernt. Da ist ein sehr schweres Riff im Intro und für mich ist das einfach nur eine Challenge für meine eigenen Fähigkeiten. Und dann entsteht wieder ein neuer Song und so weiter und so weiter. Ich hab dann wieder fünftausend Ideen und davon funktioniert eh nur eine.
F: Jetzt im Winter heißt es dann wieder im Proberaum einsperren und der Plan ist es, im Sommer das nächste Album aufzunehmen, wenn alles passt. Dann haben wir wahrscheinlich wieder Material zusammen. Wir haben jetzt schon drei Songs, die auf das Album passen könnten und dann brauchen wir noch sieben oder acht.

Wie ist es bei Euch? Könnt Ihr Euch komplett auf die Musik konzentrieren oder müsst Ihr nebenher arbeiten gehen?
F: Ich studier´ hauptsächlich und bekomme halt “Ausbildungsunterstützung”. Bisschen Geld nebenbei durch Arbeit wär natürlich ganz nett, aber es klappt auch so.
J: Ich studiere auch und hangel mich so durch und arbeite ab und an. Deswegen proben wir auch nachts. Viele Bands proben tagsüber, aber ich könnte das gar nicht. Es ist auch irgendwie ein netter Grund abends trinken zu können. Andere treffen sich mit ihren Kumpels im Park und spielen Fußball und wir sind halt im Proberaum. Um sechs, sieben oder acht Uhr abends, baut auf, setzt sich kurz hin und quatscht ein bißchen, trinkt was…
F: (lacht) Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden!
J: Na, der Fokus ist halt da. Wir haben das Album tagsüber aufgenommen, von morgens bis abends und da hat es bis eins oder zwei gedauert bis es entspannt wurde. Es war ein bißchen ein Zwang, weil man gar nicht den Kopf dafür klar hatte. Und dann haben wir das komplette Album nochmal nachts aufgenommen und das war es etwas ganz anderes (lacht).  Man kann auch nicht allzu früh anfangen, Bier zu trinken.

Man kann schon, aber man wird müde.
J: Nachts ist es besser, man hat einfach den Kopf frei. Man kommt von der Arbeit und kann abschalten. Als wir angefangen haben, hab´ ich vierzig Stunden oder mehr die Woche gearbeitet und bin dann jeden Abend zu den Proben, bis zwölf oder eins und bin nach Hause und wieder um sechs aufgestanden. Drei Monate am Stück waren das, aber wir haben so viel geschafft in der Zeit. Wahnsinn.

Es war also auch quality time?
F: Definitiv. Man hatte nichts anderes zu tun und Musik war das einzige Hobby, dass sich durch unsere Lebensentwürfe in den letzten Jahre gezogen hat. Und warum dann nicht, warum dann nicht mal machen?

Und wann habt ihr angefangen Instrumente zu spielen?
J: Mit fünf oder sechs.
F: Ich hab´ mit Gitarre so mit zehn angefangen. Erste Bands mit dreizehn oder vierzehn. Wir hatten sogar vor ewigen Zeiten schon eine Band zusammen.
J: Wir spielten schon in mehreren Bands bei uns in Frohnau. Irgendwann hat dann er mal gefragt, ob ich nicht Schlagzeug spielen will bei drei Konzerten von denen. Wir wollten dann eine Band gründen, doch ich bin doch zu einer anderen, weil ich keine Lust hatte, bei null anzufangen und die schon alles hatten und da ging es auch gleich mit Festivals los und so weiter. Dann war er sauer…
F: Ich hatte dann aber auch ne Band in der Zeit.
J: Ja, aber nach drei Jahren bin ich da ausgestiegen, habe ein Jahr gar nichts gemacht, bin nach Wien gezogen und dann hat es angefangen. Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf Diskussionen mit fünf Leuten. Zu zweit gibt es nur „Ja oder Nein!“ und das war´s.
F: Es ist wirklich leichter.
J: Es gibt auch keine Mehrheitsabstimmung. Entweder sind beide dafür oder eben nicht.
F: Oder einer ist nur halb dafür, dann versucht man den zu überreden.

Eine gewisse Kompromissbereitschaft also.
F: Zu zweit sogar mehr als zu fünft, denk ich mal.
J: Es gibt nie einen, dem es egal ist.
F: Nur allein ist es perfekt, aber perfekt ist langweilig.

Danke für den Plausch!

PS: Konzert am 31. Oktober 2014 @ Bang Bang Club!

 

Friederike

In einer Höhle voller Bücher von Plattensammlern aufgezogen, sozialisiert in idyllischer Randbezirkplatte durch ABBA, Elvis und Nirvana, schulternwippend in die Kaschemmen und Tanztempel der Stadt gewankt, bin ich jetzt graduierte Popnutte. Schon immer eher Beobachterin als Macherin, frage ich, was die Entscheidung für das Künstlerleben so mit sich bringt.

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